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Nachhaltige, komplette Remission nach Erst­behandlung ist mit einem bedeutenden Überlebens­vorteil beim multiplen Myelom verbunden

Kein Kommentar Von ; Übersetzt von Sabine Schock
Veröffentlicht: 12. November 2018 12:21
Nachhaltige, komplette Remission nach Erst­behandlung ist mit einem bedeutenden Überlebens­vorteil beim multiplen Myelom verbunden

In einer retrospektiven Studie mit über 350 Patienten mit multiplem Myelom, die mit ihrer Erstlinientherapie eine kompletten Remission erreichten, haben Forscher in den USA festgestellt, dass eine längere Remissionszeit mit einem wesentlich längeren Gesamtüberleben verbunden ist.

Darüber hinaus fanden die Studienautoren heraus, dass Patienten, die aufgrund eines biochemischen Rezidivs mit der Zweitlinienbehandlung begannen, insgesamt länger leben als diejenigen, die aufgrund eines symptomatischen Rezidivs mit der Zweitlinienbehandlung begannen.

Ein symptomatisches Rezidiv ist ein Rezidiv, bei dem der Patient neue Knochenläsionen, Anämie oder andere definierte Symptome des multiplen Myeloms bekommt. Ein biochemisches Rezidiv hin­gegen ist ein Rezidiv, bei dem es keine neuen Symptome der Erkrankung gibt, aber die M-Spitze oder freien Leichtketten im Serum des Patienten erheblich ansteigen.

Patienten in der Studie, die 24 Monate oder länger nach Beginn ihrer Erstbehandlung eine voll­stän­dige Remission aufwiesen, hatten ein mittleres Gesamtüberleben von 150 Monaten (12,5 Jahre) im Vergleich zu 81 Monaten (6,75 Jahre) bei Patienten, die ihre vollständige Remission weniger als 24 Monate lang beibehielten.

Der Unterschied im Gesamtüberleben zwischen den beiden Patientengruppen blieb auch dann sta­tistisch signifikant, als die Forscher den potenziellen Einfluss des Patientenalters kontrollierten, ob die Patien­ten im Rahmen ihrer Ersttherapie eine Stammzelltransplantation erhalten hatten oder nicht und ob sie eine Erhaltungstherapie erhalten hatten.

Der Unterschied im Gesamtüberleben zwischen den beiden Gruppen war nicht einfach nur das Er­geb­nis, dass die eine Gruppe länger in Remission blieb als die andere. Die Dauer der Remission war auch mit einem längeren Gesamtüberleben verbunden, wenn sie ab dem Zeitpunkt des Krankheits­pro­gresses und nicht ab Behandlungsbeginn nach der Diagnose gemessen wurde.

Das Gesamtüberleben ab dem Zeitpunkt des Rezidivs betrug 89 Monate (7,4 Jahre) für Patienten, die ihre vollständige Remission 24 Monate oder länger beibehielten, gegenüber 56 Monaten (4,7 Jahre) für Patienten, die ihre vollständige Remission weniger als 24 Monate beibehielten.

Die Art des Rezidivs, die ein Patient hatte, wurde ebenfalls mit Unterschieden im Gesamtüberleben assoziiert. Patienten in der Studie, die mit der Zweitlinienbehandlung aufgrund eines biochemischen Rezidivs begannen, hatten ein längeres Gesamtüberleben (125 Monate oder 10,4 Jahre) als Patien­ten, die mit der Zweitlinienbehandlung aufgrund eines symptomatischen Rezidivs begannen (81 Monate oder 6,75 Jahre).

Die Forscher spekulieren, dass Unterschiede in der Krankheitsbiologie zwischen den Patienten in ihrer Studie wahrscheinlich viele der beobachteten Überlebensunterschiede erklären. Patienten mit aggressiveren Erkrankungen zum Beispiel haben wahrscheinlich sowohl kürzere Ansprechzeiten als auch ein kürzeres Gesamtüberleben. Aggressivere Krankheiten können auch eher zu einem sympto­ma­ti­schen als zu einem biochemischen Rezidiv führen, was wiederum zu einem Zusammenhang zwischen einem symptomatischen Rezidiv und einem kürzeren Gesamtüberleben führt.

Die Studienautoren spekulieren aber auch, dass die Behandlung vor Beginn neuer Symptome das Überleben verbessern könnte, indem Organschäden verhindert werden, die die Gesundheit des Patienten beeinträchtigen und zukünftige Behandlungsmöglichkeiten einschränken können.

Hintergrundinformationen

Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Erreichen einer tiefen Remission auf die Erst­be­handlung mit einem verbesserten Gesamtüberleben verbunden ist (siehe z.B. die in diesem Beacon-Nachrichten­artikel zusammengefassten Studienergebnisse; auf Englisch).

Frühere Untersuchungen haben auch gezeigt, dass anhaltend tiefe Remissionen mit einem besseren Überleben als kurze Remissionen verbunden sind. Nach Angaben der Autoren der neuen Studie sind diese Ergebnisse jedoch vor allem in Studien mit Patienten zu finden, die im Rahmen ihrer Erst­thera­pie eine Stammzelltransplantation hatten.

In der aktuellen Studie versuchten die Forscher, die Auswirkungen der Remisionsdauer bei Patienten zu bewerten, die während der Erstbehandlung eine komplette Remission erzielten, unabhängig davon, ob ein Patient eine Stammzelltransplantation als Teil seiner Erstbehandlung hatte oder nicht. Die Autoren versuchten auch zu untersuchen, welche Art von Rezidiven auftreten, wenn Patienten aus der Remission kommen, und ob die Art des Rezidivs die Überlebensprognose eines Patienten beeinflusst.

Studiendesign

Die neue Studie wurde von Forschern der Mayo Klinik durchgeführt. Die Studienautoren analysierten retrospektiv die Daten von 351 Patienten mit multiplem Myelom, die zwischen Juli 2004 und Januar 2016 in ihrer Einrichtung gesehen wurden und eine vollständige Remission auf ihre Erstlinien­behandlung erreicht hatten.

Das mittlere Patientenalter zum Zeitpunkt der Diagnose war 61 Jahre. Etwa ein Fünftel der Patienten (21 Prozent) hatte hochriskante chromosomale Anomalitäten, definiert als t(4;14), t(14;16), t(14;20), del(17p) und Monosomie 17.

Bis auf drei Patienten erhielten alle eine Induktionstherapie mit neuen Wirkstoffen. Drei Viertel der Patienten erhielten eine autologe (eigene) Stammzelltransplantation und 39 Prozent erhielten eine Erhaltungstherapie als Teil ihrer Erstlinientherapie. Die Erhaltungstherapie war meist Revlimid- oder Velcade-basiert (57 Prozent und 36 Prozent).

Studienergebnisse

Bei allen Patienten in der Studie betrug die mediane Zeit bis zum Erreichen einer vollständigen Remission acht Monate.

Die mediane Dauer der kompletten Remission betrug 24 Monate. Insgesamt blieben 9 Prozent der Patienten weniger als 6 Monate in kompletter Remission, 12 Prozent für 6 bis 12 Monate, 14 Prozent für 12 bis 18 Monate, 14 Prozent für 18 bis 24 Monate und 51 Prozent blieben 24 Monate oder länger in kompletter Remission.

Zum Zeitpunkt der letzten Nachuntersuchung waren 68 Prozent der Patienten rezidiviert.

Art des Rezidivs / der Progression

Die Forscher ermittelten vier Kategorien von Rezidiven / Progressionen:

1. Symptomatisches Rezidiv - Progression mit lytischen Läsionen, Anämie, einem Plasmozytom oder anderen Symptomen myelombedingter Endorganschäden.

2. Biochemisches Rezidiv / Progression - Eine Erhöhung der M-Spitze um 25 Prozent oder mehr, mit einer Erhöhung von mindestens 0,5 g/dl.

3. Biochemischer Verlust der kompletten Remission bei Wiederauftreten eines monoklonalen Proteins - Zwei aufeinanderfolgende, positive Immunfixierungswerte im Serum / Urin, oder Anstieg der M-Spitze, die nicht die Kriterien für eine biochemische oder symptomatische Progression erfüllen.

4. Biochemischer Verlust der vollständigen Remission nur bei anormalem freien Leichtkettenquotienten - Zwei aufeinanderfolgende anormale freie Leichtketten­quotien­ten bei Patienten mit Leichtkettenmyelom, die das Kriterium (3) für Rezidiv / Progression nicht erfüllen.

Von den Patienten, die rezidiviert waren, hatten 25 Prozent ein sympathisches Rezidiv, 24 Prozent ein biochemisches Rezidiv, 37 Prozent eine positive Urin/Serum-Immunfixation oder einen Anstieg der M-Spitze und 14 Prozent einen Verlust der kompletten Remission mit einem anormalen freien Leichtkettenquotienten.

Merkmale von Patienten mit langer und kurzer Ansprechzeit

Vergleicht man die Charakteristika von Patienten, die ihre komplette Remission 24 Monate oder län­ger nach der Erstbehandlung aufrechterhielten, mit den Charakteristika von Patienten, die ihre voll­stän­dige Remission weniger als 24 Monate lang beibehielten, so fanden die Forscher keinen Unter­schied in Alter, Geschlecht, Knochenmarksplasmazellenanteil in Prozent bei Diagnosestellung, im Anteil von Patienten mit hochriskanten, chromosomalen Anomalitäten oder im Anteil von Patienten, die im Rahmen ihrer Erstlinienbehandlung eine Stammzelltransplantation erhielten.

Patienten, die ihre komplette Remission 24 Monate oder länger nach der Erstbehandlung aufrecht erhielten, hatten eine geringere Wahrscheinlichkeit für eine fortgeschrittene Erkrankung (ISS Stadium 3) als Patienten, die ihr vollständiges Ansprechen weniger als 24 Monate beibehielten (22 Prozent mit ISS Stadium 3 gegenüber 37 Prozent).

Hinzu kam, dass Patienten, die ihre vollständige Remission 24 Monate oder länger aufrecht erhielten, eher eine Erhaltungstherapie erhielten als Patienten, die ihre komplette Remission weniger als 24 Monate lang beibehielten (42 Prozent gegenüber 31 Prozent).

Gesamtüberleben

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 72 Monaten ab Therapiebeginn betrug das mediane Gesamtüberleben aller Patienten 123 Monate (10,25 Jahre).

Patienten, die ihre vollständige Remission 24 Monate oder länger nach der Erstbehandlung aufrecht erhielten, hatten ein deutlich längeres Gesamtüberleben (150 Monate / 12,5 Jahre) als Patienten, die ihre vollständige Remission weniger als 24 Monate (81 Monate / 6,75 Jahre) aufrecht erhielten.

Der Zusammenhang zwischen Remissionszeit und Gesamtüberleben wurde etwas verringert, als die Forscher das Alter des Patienten, das Krankheitsstadium bei Diagnose und die Frage, ob der Patient eine Stammzelltransplantation oder Erhaltungstherapie erhalten hatte oder nicht, kontrollierten. Die Assoziation war jedoch immer noch groß und statistisch signifikant.

Es gab auch einen Zusammenhang zwischen der Dauer der anfänglichen kompletten Remission und dem Überleben eines Patienten ab dem Zeitpunkt des Rezidivs. Die Gesamtüberlebenszeit betrug 89 Monate (7,4 Jahre) ab dem Zeitpunkt des Rezidivs für Patienten, die ihre komplette Remission 24 Monate oder länger aufrecht erhielten, im Vergleich zu 56 Monaten (4,7 Jahre) für Patienten, die ihre komplette Remission weniger als 24 Monate lang aufrecht erhielten.

Als die Forscher Patienten betrachteten, die mit der Zweitlinienbehandlung wegen einer biochemi­schen oder symptomatischen Progression begannen, fanden sie heraus, dass das Gesamtüberleben vom Beginn der Erstlinienbehandlung an für Patienten, die mit der Zweitlinien­be­handlung für die biochemische Progression begannen (125 Monate / 10,4 Jahre), länger war als für diejenigen, die mit der Zweitlinienbehandlung für die symptomatische Progression begannen (81 Monate / 6,75 Jahre).

Für weitere Informationen siehe die Studie von Sidana, S. et al., "Relapse after com­plete response in newly diag­nosed multiple myeloma: implications of duration of response and patterns of relapse,” in Leukemia,  15. Oktober 2018 (Zusammenfassung; auf Englisch).

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