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Nelfinavir zeigt nur begrenzten Erfolg bei der Überwindung von Revlimid-Resistenzen bei Patienten mit multiplem Myelom

Kein Kommentar Von ; Übersetzt von Sabine Schock
Veröffentlicht: 3. Oktober 2019 11:14
Nelfinavir zeigt nur begrenzten Erfolg bei der Überwindung von Revlimid-Resistenzen bei Patienten mit multiplem Myelom

Schweizer Forscher haben Ergebnisse einer kleinen klinischen Studie ver­öffentlicht, in der getestet wurde, ob Nelfinavir, ein ursprünglich zur Behand­lung von AIDS eingesetztes Medikament, die Resistenz gegen Revlimid bei rezidivierten Patienten mit multiplem Myelom überwinden kann.

Die Studie wurde durch frühere Untersuchungen motiviert, die zeigen, dass Nelfinavir bei vielen rezidivierten Myelompatienten die Resistenz gegen Velcade für einen gewissen Zeitraum überwinden kann.

Leider sind die Ergebnisse der neueren Nelfinavir-Studie nicht so ermutigend wie die bisherigen Unter­suchungen mit Nelfinavir und Velcade. Weniger als ein Drittel der Patienten in der neueren Studie sprach auf die Kombinationsbehandlung mit Nelfinavir, Revlimid und Dexamethason, die sie während der Studie erhielten, an. Darüber hinaus lag die mittlere Ansprechzeit bei den Patienten, die auf die Behandlung ansprachen, bei nur vier Monaten.

Es mag ermutigend erscheinen, dass fast ein Drittel der Studienteilnehmer auf die Behandlung an­sprach, da alle Patienten in der Studie zuvor mit Revlimid behandelt worden waren und eine Krank­heits­pro­gression entweder während der Behandlung mit dem Medikament oder kurz danach hatten.

Die Studienteilnehmer hatten jedoch nur eine mittlere Anzahl von zwei Vortherapien erhalten, was in den meisten Fällen bedeutet, dass ihre Erkrankung noch empfindlich auf eine Reihe zusätzlicher Behandlungsmöglichkeiten war.

Darüber hinaus war die in der Studie verwendete Dexamethason-Dosis nicht zufällig. Die Patienten erhielten entweder 40 mg oder 20 mg Dexamethason einmal pro Woche in jeder Studienwoche, je nachdem, ob sie jünger als 75 (40 mg) waren oder nicht (20 mg). Bei Patienten mit einer mittleren Anzahl von nur zwei Vortherapien könnte das Dexamethason allein das Ansprechen vieler Studien­teil­nehmer erklären.

Dennoch glauben die Forscher, die die Studie durchgeführt haben, dass die Nelfinavir-Revlimid-Dexa­me­thason-Kombination bei Patienten mit Revlimid-resistenter Erkrankung "aktiv" ist und stellen fest, dass zusätzlich zu den 31 Prozent der Studienteilnehmer, die zumindest teilweise auf die Behandlung ansprachen, weitere 38 Prozent entweder eine minimale oder stabile Erkrankung über einen längeren Zeitraum hatten.

Die Forscher weisen auch darauf hin, dass die Patienten in dem Studienprogramm höchstens vier Monate behandelt wurden, um die Kosten zur Durchführung der Studie zu reduzieren. Da die tiefsten Remissionen bei Revlimid-basierten Behandlungen nach 6, 12 oder sogar 18 Monaten der Behand­lung auftreten können, könnte im wirklichen Leben ein besseres Ansprechen auf die in der  Studie verwendeten Behandlungskombination als in der Studie selbst beoachtet werden.

Trotz dieser Vorbehalte scheint es wahrscheinlich, dass die innovativen Myelom-Spezialisten, die Nel­fi­navir zur Verbesserung der Behandlungsergebnisse für ihre Patienten einsetzen, dies haupt­säch­lich durch die Verwendung des Medikaments in Kombination mit Velcade oder vielleicht anderen Proteasom-Inhibitoren wie Ninlaro (Ixazomib) tun werden. In Kombination mit solchen Behandlungen scheint Nelfinavir die größte Wirksamkeit zu haben, Arzneimittelresistenzen zu überwinden, was möglicherweise das Gesamtüberleben verbessert, indem es die Therapieschemata verbessert, die Ärzten zur Behandlung der Krankheit zur Verfügung stehen.

(Siehe diese kürzlich erschienene Beacon-Kolumne, auf Englisch, für einen Einblick, warum die Ver­besserung der aktuellen Behandlungen und das Hinzufügen zusätzlicher effektiver Behandlungen der Schlüssel zur Verbesserung des Überlebens von Myelompatienten sind.)

Hintergrund der Nelfinavir-Revlimid-Studie

Nelfinavir (Viracept) ist ein oral verabreichtes Medikament, das zu einer Klasse von Therapien gehört, die als Proteasomenhemmer bezeichnet werden. Nelfinavir wurde 1997 von der U.S. Food and Drug Administration zur Behandlung des humanen Immundefizienz-Virus (HIV) zugelassen, dem Virus, das das erworbene Immunschwächesyndrom (AIDS) verursacht.

Das ursprüngliche Patent für Nelfinavir ist in den meisten Ländern abgelaufen (aber noch nicht in den USA), so dass inzwischen generische Versionen des Medikaments verfügbar sind. Generische Ver­sionen von zuvor patentgeschützten Medikamenten haben den gleichen Wirkstoff wie das ursprüng­liche Markenmedikament, kosten aber in der Regel viel weniger.

Nachdem Laboruntersuchungen gezeigt haben, dass Nelfinavir in der Lage sein könnte, die Resistenz gegen Proteasom-Inhibitoren wie Velcade (Bortezomib) bei rezidivierten Patienten mit multiplem Myelom zu überwinden, wurden Studien durchgeführt, um zu untersuchen, ob Nelfinavir in Kombi­na­tion mit Velcade und Dexamethason die Behandlungsergebnisse bei Velcade-resistenten Patienten verbessern könnte.

Die Ergebnisse dieser Studien waren sehr ermutigend. In einer Phase-2-Studie mit Velcade-resisten­ten Patienten, die eine mittlere Anzahl von fünf Vortherapien erhalten hatten, hatten 65 Prozent der Patienten mindestens ein partielles Ansprechen auf die Behandlung mit Nelfinavir, Velcade und Dexa­methason (siehe entsprechender Beacon-Nachrichtenartikel und Myelom-Spezialist Interview, auf Englisch).

Diese Ergebnisse ermutigten die Forscher, eine Studie zu organisieren, um zu untersuchen, ob Nel­fi­navir auch die Resistenz gegen Revlimid (Lenalidomid) bei Patienten mit multiplem Myelom über­winden könnte.

Design der Nelfinavir-Revlimid-Studie

Zwischen Mai 2012 und Dezember 2016 rekrutierten Forscher an sieben Behandlungszentren in der Schweiz 29 rezidivierte / refraktäre Patienten mit multiplem Myelom für die Teilnahme an der Studie.

Um an der Studie teilnehmen zu können, mussten die Patienten refraktär gegenüber Revlimid sein, was als eine Progression während oder innerhalb von 60 Tagen nach Beendigung der revlimidhaltigen Therapie von zweimonatiger oder längerer Dauer definiert wurde.

Das mittlere Patientenalter betrug 64 Jahre. Etwa ein Drittel der Patienten (31 Prozent) hatten hoch­riskante chromosomale Anomalien (t(4;16), t(14;16) oder del(17p)).

Die Patienten hatten eine mittlere Anzahl von zwei Vortherapien erhalten. Alle Patienten hatten zuvor Revlimid und 83 Prozent hatten zuvor Velcade erhalten. Alle waren refraktär gegenüber Revlimid und 34 Prozent waren doppelt refraktär gegenüber Revlimid und Velcade. Mehr als die Hälfte der Patien­ten (62 Prozent) hatten zuvor eine Stammzelltransplantation erhalten.

Der Phase 1-Teil der Studie wurde zur Festlegung der im Phase 2-Teil der Studie zu verwendenden Zieldosis entwickelt.  So erhielten die Patienten während der Phase 1 zwischen 1250 mg und 1875 mg orales Nelfinavir zweimal täglich an den Tagen 1 bis 21, 25 mg Revlimid an den Tagen 1 bis 21 plus 20 mg / 40 mg orales Dexamethason an den Tagen 1, 8, 15 und 22 für bis zu vier 28-tägigen Behandlungszyklen. Die Behandlung war aus Kostengründen auf maximal vier Zyklen begrenzt.

Insgesamt nahmen 10 Patienten am Phase-1-Teil der Studie teil. Die Forscher beobachteten zwei Fälle von dosislimitierenden Nebenwirkungen bei 1850 mg Nelfinavir zweimal täglich. Infolgedessen erhielten alle Patienten im Phase-2-Teil der Studie zweimal täglich 1250 mg orales Nelfinavir sowie Revlimid und Dexamethason in den gleichen Dosen wie im Phase-1-Teil der Studie.

Etwas mehr als die Hälfte der Patienten (52 Prozent) absolvierten alle vier Behandlungszyklen. Die übrigen Patienten brachen die Behandlung wegen fortschreitender Krankheit (28 Prozent), inakzep­tab­ler Nebenwirkungen (14 Prozent) oder Ablehnung des Patienten (7 Prozent) ab.

Ergebnisse der Nelfinavir-Revlimid-Studie

Insgesamt sprachen 31 Prozent der Patienten auf die Behandlung an, 10 Prozent erreichten eine sehr gute partielle Remission und 21 Prozent eine partielle Remission. Weitere 24 Prozent der Patienten erreichten eine geringe Remission und 14 Prozent hatten eine stabile Erkrankung.

Von den Patienten, die sowohl auf Velcade als auch auf Revlimid refraktär waren, erreichten 40 Prozent eine geringe oder bessere Remission. Bei Patienten mit hochriskanten chromosomalen Anomalien erreichten 78 Prozent eine geringe oder bessere Remission.

Die mittlere Remissionsdauer betrug 4 Monate.

Das mittlere progressionsfreie Überleben betrug 3,4 Monate und das mittlere Gesamtüberleben 21,6 Monate.

Nach Ansicht der Forscher war die Behandlung gut verträglich. Sie stellen fest, dass sie keine uner­war­teten Nebenwirkungen beobachtet haben und dass die Nebenwirkungen ähnlich wie bei den einzelnen Medikamenten waren.

Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehörten gastrointestinale Symptome (31 Prozent der Patienten) und Stoffwechselstörungen (31 Prozent). Zu den häufigsten schweren Nebenwirkungen gehörten Anämie (24 Prozent), niedrige Thrombozytenzahl (21 Prozent), niedrige Leukozytenzahl (24 Prozent, darunter Patienten mit niedrigen Leukozytenzahlen und Fieber) und Kurzatmigkeit (10 Prozent).

Weitere Informationen finden Sie in der Studie von Hietz, F. et al., “Nelfinavir and lenalidomide / dexamethasone in patients with lenalidomide-refractory multiple myeloma. A phase I/II Trial (SAKK 39/10),” in Blood Cancer Journal, August 27, 2019 (Volltext; auf Englisch) und in der Beschreibung der Nelfinavir-Revlimid-Studie auf clinicaltrials.gov (auf Englisch).

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