ASH 2013 Vorschau: Neue, in der Entwicklung befindliche Immuntherapien für die Behandlung des multiplen Myeloms
Veröffentlicht: 2. Dezember 2013 21:04


Myeloma Beacon setzt seine 'Vorschau'-Reihe über Myelom-Beiträge, die auf der Jahrestagung der amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie (ASH) Anfang Dezember präsentiert werden, hier mit einem Artikel fort, der sich auf neue Immuntherapien konzentriert, die in klinischen Studien untersucht werden.
Die Zusammenfassungen dieser ASH-Präsentationen sind jetzt verfügbar; diese Zusammenfassungen enthalten vorläufige Daten, aktualisierte Daten werden auf der Tagung präsentiert.
Die ASH Vorschau-Artikel von Myelom Beacon, die im Laufe der nächsten beiden Wochen veröffentlicht werden, werden über die interessantesten Myelom-Studien berichten, die auf der Tagung vorgetragen werden.
Die heutige Vorschau setzt das Thema der "neuen Behandlungen" fort, konzentriert sich jedoch auf neue Immuntherapien, die sich in Entwicklung befinden.
Unter Immuntherapie versteht man Behandlungen, die das Immunsystem des Körpers aktivieren, verändern oder modifizieren, um Myelomzellen anzugreifen und zu töten.
Dieser Artikel bespricht Immuntherapien, die die Impfung oder Modifizierung von Immunzellen betreffen, häufig in Kombination mit Stammzelltransplantation unter Verwendung von Stammzellen vom Patienten oder einem Spender.
Der potenzielle Einsatz von monoklonalen Antikörpern zur Behandlung des Myeloms - eine andere Form der Immuntherapie - ist bereits in früheren ASH-Vorschau-Artikeln besprochen worden.
Einige der Studien in dieser Vorschau sind vielversprechend. Zum Beispiel sprachen in den ersten zwei Studien, die unten vorgestellt werden, 100 Prozent der Patienten auf die Behandlung an. Das Ergebnis ist im Fall der zweiten Studie besonders eindrucksvoll, weil sie mit Patienten durchgeführt wurde, die bereits mehrere Vortherapien erhalten hatten.
Auf der anderen Seite ist Vorsicht angesagt, wenn man Schlussfolgerungen aus diesen Studien ziehen will.
Alle Studien sind entweder Studien der Phase 1 oder 2, was bedeutet, dass diese Ansätze noch in einer frühen Stufe der klinischen Entwicklung sind und häufig nur bei einer kleinen Anzahl von Myelompatienten geprüft worden sind.
Außerdem stellen die meisten Zusammenfassungen nur wenige Details über die Eigenschaften der Studienteilnehmer zur Verfügung. Zum Beispiel sagen viele der Zusammenfassungen nicht, wie früh oder weit die Teilnehmer im Verlauf ihrer Erkrankung sind. Diese Informationen wären wichtig, um diese Behandlungsansätze mit aktuellen Behandlungsoptionen zu vergleichen. Ansprechraten und Überlebenszeiten für neu diagnostizierte Patienten sind im Vergleich zu den schwer vorbehandelten Patienten, die im Krankheitsverlauf weiter fortgeschritten sind, viel größer.
Jedoch scheinen mehrere dieser Ansätze bei der Behandlung anderer Blutkrebserkrankungen erfolgreich zu sein, und hoffentlich werden diese Ansätze ebenso erfolgreich für das multiple Myelom sein. Zum Beispiel sind zwei Patienten mit chronischer lymphozytärer Leukämie, die mit genetisch veränderten T-Zellen (einem Lymphozytentyp, der Infektionen bekämpft) behandelt wurden, zwei Jahre nach Behandlung immer noch in kompletter Remission (siehe verwandte Nachrichten von Myeloma Beacon; auf Englisch).
Deshalb wird Myeloma Beacon weiterhin diese neuen Immuntherapieansätze für das Myelom mit Interesse verfolgen und die Leser mit weiteren Details und den auf der Tagung präsentierten Ergebnissen versorgen.
MAGE-A3 Immuntherapie, Stammzelltransplantation und Lymphozyteninfusion
Eine Phase 1-Studie , die auf der ASH-Tagung vorgestellt wird, prüft eine Kombination der MAGE-A3 Immuntherapie mit dr Stammzelltransplantation und Lymphozyteninfusionen (Zusammenfassung; auf Englisch).
In dieser Studie haben Forscher versucht, Myelompatienten gegen ein Protein namens MAGE-A3 zu immunisieren, welches auf den Oberflächen mehrerer verschiedener Krebszelltypen einschließlich Myelomzellen gefunden wird. Die Immunisierung gegen MAGE-A3 trainiert das Immunsystem, Krebszellen mit MAGE-A3 auf der Oberfläche zu erkennen, anzugreifen und zu töten.
Patienten mit MAGE-A3 auf der Oberfläche ihrer Myelomzellen erhielten zunächst eine MAGE-A3 Immunisierung (Spritze) in den Muskel. Drei Wochen später wurden die Lymphozyten der Patienten gesammelt. Die Patienten erhielten dann eine Stammzelltransplantation und Infusion ihrer vorher gesammelten Lymphozyten, gefolgt von sieben MAGE-A3 Immunisierungen (Spritzen) im Laufe von neun Monaten nach der Stammzelltransplantation. Den Patienten konnten dann eine Revlimid (Lenalidomid)-Erhaltungstherapie erhalten.
Die Studie schließt 13 Patienten ein, die innerhalb des letzten Jahres mit einem Myelom diagnostiziert wurden und MAGE-A3 auf ihren Myelomzellen hatten. Ein Drittel aller potenziellen Studienteilnehmer hatte MAGE-A3 auf ihren Myelomzellen.
Von den 12 auf ihr Ansprechen ausgewerteten Studienteilnehmern entwickelten 83 Prozent innerhalb von 31 Tagen nach der Stammzelltransplantation und alle Studienteilnehmer innerhalb von 75 Tagen Antikörper gegen MAGE-A3. Drei Monate nach der Transplantation erreichten 33 Prozent der Patienten eine stringente komplette Remission und weitere 17 Prozent eine komplette Remission. Die Gesamtansprechrate betrug 100 Prozent. Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 10 Monaten betrug die progressionsfreie Überlebensrate 92 Prozent.
Häufige Nebenwirkungen waren Schmerzen an der Spritzeneinstichstelle, Muskelschmerzen oder kurze grippeähnliche Symptome. Die Forscher berichteten von einem auf die Immuntherapie zurückzuführenden Fall von mäßigem Muskelschmerz und dass die Lymphozyteninfusionen gut vertragen wurden.
Stammzelltransplantation, genetisch veränderte T-Zellen und Revlimid-Erhaltung
Eine Phase 2-Studie, die auf der ASH-Tagung präsentiert wird, prüft eine Kombination aus Stammzelltransplantation, genetisch veränderten T-Zellen und Erhaltungstherapie mit Revlimid (Zusammenfassung; auf Englisch).
Die T-Zellen der Studienteilnehmer wurden gesammelt und dann mit einem Virus infiziert, der die T-Zellen genetisch so veränderte, dass sie die Myelomzellen, die die Proteine NY-ESO-1 oder LAGE-1 auf ihrer Oberfläche haben, erkennen, angreifen und abtöten. Zwei Tage nach der Stammzelltransplantation erhielten die Patienten eine Infusion ihrer eigenen, genetisch veränderten T-Zellen. Die Patienten begannen die Erhaltungstherapie mit Revlimid drei Monate nach der Stammzelltransplantation.
Diese Studie schließt 20 risikoreiche oder rezidivierte Myelompatienten ein, deren Myelomzellen NY-ESO-1 oder LAGE-1 Proteine auf ihrer Oberfläche haben. Sie hatten eine mittlere Anzahl von 3 Vortherapien erhalten. Alle 15 auswertbaren Patienten sprachen innerhalb von 100 Tagen nach der Stammzelltransplantation an; 13 Prozent erreichten eine komplette oder stringente komplette Remission, 67 Prozent eine nahezu komplette Remission und 20 Prozent eine teilweise Remission. Die modifizierten T-Zellen breiteten sich im Blut und Knochenmark aus und existierten auch noch sechs Monate nach der Infusion. Eine Krankheitsprogression wurde durch den Verlust von modifizierten T-Zellen oder den Verlust von NY-ESO-1/LAGE-1 auf den Myelomzellen begleitet. Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von ungefähr einem Jahr leben noch 85 Prozent der Patienten.
Chemotherapie plus genetisch veränderte T-Spenderzellen im Anschluss an Spender-Stammzelltransplantation
Eine Phase 1/2-Studie mit Patienten, die eine allogene (Spender) Stammzelltransplantation hatten, versucht das Management der Krankheitsprogression zu verbessern und gleichzeitig Komplikationen durch den Einsatz von Chemotherapie, gefolgt von einer Infusion mit genetisch veränderten T-Spenderzellen zu minimieren (Zusammenfassung; auf Englisch). T-Zellen sind Lymphozyten (weisse Blutkörper), die ein Teil des Immunsystems des Körpers sind.
Eine der schweren Komplikationen der Spender-Stammzelltransplantation ist die sogenannte graft-versus-host-disease (GVHD), bei der Spender T-Zellen die gesunden Zellen des Empfängers angreifen. Gleichzeitig greifen die Spender T-Zellen auch im Körper verbliebene Myelomzellen an und töten diese ab. Dies ist als graft-versus-Myelom Wirkung bekannt— ein Hauptziel der Spendertransplantation. Deshalb ist ein Gleichgewicht zwischen der graft-versus-Myelom Wirkung und GVHD notwendig.
In dieser Studie wurden Teilnehmer, die eine Spender-Stammzelltransplantation erhalten hatten und rezidiviert sind, mit Cyclophosphamid (Cytoxan) und Fludarabin (Fludara) behandelt, um die Gabe von modifizierten Spender T-Zellen vorzubereiten und zu verstärken. Die Modifizierung der Spender T-Zellen wurde mit einer Herpes-Virus-Version vorgenommen, die die T-Zellen genetisch verändert, um sie gegen die Behandlung mit dem allgemein verwendeten Antivirenmedikament Ganciclovir empfindlich zu machen.
Die Infusion der Spender T-Zellen ruft eine graft-versus-Myelom Wirkung hervor; jedoch können die T-Zellen, wenn Symptome von GVHD auftauchen, mit Ganciclovir getötet werden.
Die Studie schloss 10 Patienten ein, von denen 5 ein rezidiviertes Myelom und 5 ein myelodysplastisches Syndrom hatten. Insgesamt entwickelten 30 Prozent der Patienten nach Infusion der modifizierten Spender T-Zellen eine akute GVHD. Ein Fall wurde mit Steroidcreme und ein Fall mit einer Ganciclovir Behandlung behandelt, aber ein Fall hat sich auch nach Ganciclovir-Behandlung nicht völlig aufgelöst und zusätzliche immunsuppressive Therapie benötigt. Bei Patienten, die kein Ganciclovir brauchten, konnten die modifizierten Spender T-Zellen noch mindestens 12 Monate nach der Infusion gefunden werden. Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 22 Monaten betrug das mittlere progressionsfreie Überleben 50 Prozent und die Gesamtüberlebensrate 60 Prozent.
Modifizierte T-Zellen, gefolgt von Stammzelltransplantation
Eine andere Phase 1-Studie, die auf ASH-Tagung in diesem Jahr präsentiert wird, prüfte, ob die Infusion von modifizierten T-Zellen vor der Stammzelltransplantation eine Immunreaktion gegen Myelomzellen hervorruft (Zusammenfassung; auf Englisch).
Die Studie schloss 12 Myelompatienten ein, die bereits eine initiale Behandlung nach ihrer Diagnose erhalten hatten. Die Forscher sammelten dann die T-Zellen der Patienten und verknüpften einen Antikörper mit der Oberfläche der T-Zellen. Dieser Antikörper hilft den T-Zellen, Myelomzellen, die ein Protein namens CD20 auf ihrer Oberfläche haben, zu erkennen, anzugreifen und zu töten. Nach zwei Infusionen ihrer modifizierten T-Zellen erhielten die Patienten eine Hochdosis -Chemotherapie, gefolgt von einer Stammzelltransplantation. Einige der Patienten erhielten nach der Stammzelltransplantation eine Boosterinfusion mit den T-Zellen.
Die Patienten hatten 6 bis 12 Monate nach der Stammzelltransplantation messbare Antikörper gegen das Myelom, die Boosterinfusion hat die Antikörperwerte weiter vergrößert.
Stammzelltransplantation ohne regulatorische T-Zellen
Eine Vorstudie der autologen (eigenen) Stammzelltransplantation im Vergleich zur autologen Stammzelltransplantation, bei der regulatorische T-Zellen von den Stammzellen entfernt werden, wird auf der ASH-Tagung präsentiert (Zusammenfassung; auf Englisch).
Regulatorische T-Zellen, häufig als Treg-Zellen abgekürzt, unterdrücken das Immunsystem und hindern es daran, Krebszellen anzugreifen und zu zerstören. Deshalb haben die Forscher zwei Methoden untersucht, die Treg-Zell-Niveaus bei den Stammzellen eines Patienten zu reduzieren, auch bekannt als T-Zell Depletion (Verringerung).
Um zu bestimmen, ob die Depletion von Treg-Zellen möglich ist, wurden die Studienteilnehmer in drei verschiedene Gruppen eingeteilt: vier Patienten erhielten eine Standardtransplantation unter Verwendung ihrer eigenen Stammzellen, zwei Patienten erhielten eine Standardtransplantation und im Anschluss wurden ihre Treg-Zellen mit einem Antikörper namens Simulect (Basiliximab) entfernt, und drei Patienten erhielten eine Stammzelltransplantation unter Verwendung von Stammzellen, bei denen die Treg-Zellen vor der Transplantation im Labor entfernt wurden.
28 Tage nach Stammzelltransplantation hatten die Patienten in den drei Behandlungsgruppen durchschnittlich 8,6 Prozent, 4,5 Prozent und 1,8-Prozent Treg-Zellen. Außerdem gelang es bei dem laborgestützten Ansatz, durchschnittlich 90 Prozent der Treg-Zellen von den gesammelten Stammzellen der Patienten zu entfernen.
Die Forscher weisen darauf hin, dass beide Methoden der Treg-Zelleliminierung wirksam sein können und die Nebenwirkungen in allen drei Behandlungsgruppen typisch für die Stammzelltransplantation waren. Jedoch weisen sie auch darauf hin, dass die Zahl der Studienteilnehmer in dieser Vorstudie zu klein ist, um tatsächlich eine Aussage über mögliche positive Auswirkungen der Treg-Zelleliminierung zu machen.
ImMucin-Impfstoff
Eine andere Phase 1/2-Studie, die auf der ASH-Tagung präsentiert wird, prüft den sogenannten ImMucin Myelomimpfstoff (Zusammenfassung; auf Englisch).
ImMucin ist ein Myelomimpfstoff, der auf dem Protein MUC1 basiert, der auf der Oberfläche von Krebszellen gefunden wird. ImMucin wird von Vaxil Biotherapeutics, einer israelischen Firma für Impfstoffentwicklung, untersucht.
Die Studie schloss 15 Myelompatienten ein, die eine mittlere Anzahl von zwei Vortherapien erhalten hatten, und die eine progressive oder Resterkrankung im Anschluss an die Stammzelltransplantation hatten. Alle Teilnehmer hatten Myelomzellen mit dem Protein MUC1 auf der Oberfläche.
Die Studienteilnehmer erhielten sechs oder 12 zweiwöchentliche Injektionen mit ImMucin plus den Wachstumsfaktor hGM-CSF.
Die Patienten zeigten impfstoffspezifische Immunreaktionen und einen deutlichen Rückgang des MUC1-Niveaus im Blut. Die Mehrheit der Patienten erreichte eine Krankheitsstabilisierung, die bis zu 29 Monate nach Studienkomplettierung andauerte. Die Forscher stellten fest, dass der ImMucin-Impfstoff sicher war und keine schweren Nebenwirkungen verursachte.
Für weitere Informationen über zusätzliche Studien, die auf der ASH-Jahrestagung präsentiert werden, siehe eine Liste aller Myelom-betreffenden ASH-Zusammenfassungen, alle Zusammenfassungen über die Entwicklung neuer Behandlungen für das Myelom, klinische Studienergebnisse über neue Behandlungen und vorklinische Forschung.
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