Studie hinterfragt herkömmliche Ansicht zu Revlimid und Stammzellsammlung

Eine neue rückblickende Studie zeigt, dass die initiale Behandlung mit Revlimid bei Myelompatienten keinen negativen Einfluss auf eine ausreichende Stammzellsammlung hat.
Viele Ergebnisse der Studie bestätigen die Ergebnisse bisheriger Forschung, die gezeigt haben, dass Revlimid die Fähigkeit eines Patienten reduziert, Stammzellen für die Stammzellsammlung zu mobilisieren (siehe verwandte Nachrichten von Myeloma Beacon; auf Englisch).
Jedoch waren nur 2 Prozent der Patienten in der neuen Studie nicht in der Lage, genügend Stammzellen für mindestens eine Transplantation zu mobilisieren und diese niedrige Gesamtrate des Mobilisierungsmisserfolgs war dieselbe bei Patienten, die vorher mit Revlimid behandelt worden waren oder nicht.
Außerdem wurde die 2-Prozent-Rate des Mobilisierungsmisserfolgs bei Revlimid-behandelten Patienten beobachtet, obwohl mehr als 40 Prozent dieser Patienten fünf oder mehr Therapiezyklen mit Revlimid erhalten hatten.
Die Autoren argumentieren, dass sie aufgrund dieser Ergebnisse die aktuellen Empfehlungen der International Myeloma Working Group (IMWG) in Zweifel ziehen. Diese besagen, dass Myelompatienten, die am Anfang mit Revlimid behandeln werden, die Stammzellsammlung innerhalb von vier Therapiezyklen durchführen müssen, um das Risiko des Stammzellsammlungsmisserfolgs zu reduzieren (siehe verwandte Nachrichten von Myeloma Beacon; auf Englisch).
Dennoch empfehlen die Forscher, dass der Einfluss von Revlimid auf die Stammzellsammlung und Transplantation in weiteren klinischen Studien bewertet wird.
Hintergrund
Die Standardtherapie neu diagnostizierter Myelompatienten im Alter bis 65 Jahren beginnt mit einer initialen Therapie mit neuen Substanzen, gefolgt von einer Hochdosischemotherapie und autologer Stammzelltransplantation.
Während des Transplantationsverfahrens werden Stammzellen des Patienten vor der Hochdosischemotherapie gesammelt und dann später in den Patienten wieder infundiert, um die Zellen zu ersetzen, die während der Chemotherapie zerstört wurden.
Um eine Transplantation erfolgreich vorzubereiten, sammeln Ärzte normalerweise mindestens vier bis sechs Millionen Stammzellen pro Kilogramm Körpergewicht des Patienten.
Frühere retrospektive Studien weisen darauf hin, dass die Behandlung mit Revlimid mit einem höheren Risiko eines Stammzellsammlungsmisserfolgs verbunden ist. Jedoch hat eine neuere Analyse, die am Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York City durchgeführt wurde, herausgefunden, dass Revlimid die Stammzellsammlung nicht behindert (siehe verwandte Nachrichten von Myeloma Beacon).
Die Wirkung von Revlimid auf die Stammzellsammlung und Transplantation muss noch in weiteren, klinischen Studien untersucht werden.
Studiendesign
Forscher am Karmanos Cancer Institute in Detroit haben eine retrospektive Analyse über die Wirkung von Revlimid auf die nachfolgende Stammzellsammlung und Transplantation durchgeführt. Sie wollten insbesondere die Sammlungsmisserfolgsrate bei Patienten bestimmen, die mit und ohne Revlimid behandelt und Granulozyten Kolonien-stimulierenden Faktor (G-CSF) als Mobilisierungssubstanz erhalten hatten.
Die Analyse basiert auf Daten von 319 Myelompatienten mit einem mittleren Alter von 58 Jahren, die zwischen 2007 und 2011 eine Stammzellsammlung am Karmanos Cancer Institute erhalten haben. Patienten, die vorher eine Stammzelltransplantation erhalten hatten, wurden nicht in die Analyse eingeschlossen.
Von den in die Analyse eingeschlossenen Patienten erhielten 58 Prozent eine Revlimid Therapie, definiert als mindestens einen ganzen Zyklus (21 aufeinander folgende Tage) einer Behandlung mit Revlimid; 42 Prozent hatten keine vorherige Therapie mit Revlimid.
Zwei Drittel der Patienten, die initial mit Revlimid behandelt wurden, erhielten vor der Stammzellsammlung eine initiale Therapie, die aus Revlimid plus Dexamethason oder Revlimid, Velcade (Bortezomib) und Dexamethason bestand. Diejenigen, die mehr als eine initiale Therapie erhielten, haben am häufigsten Revlimid plus Dexamethason bekommen mit vorrangehender oder folgender Velcade-Therapie.
Von den Patienten, die initial kein Revlimid bekamen, erhielten 77 Prozent eine initiale Behandlung, die am häufigsten aus Velcade plus Dexamethason bestand.
Patienten in der Revlimid-behandelten Gruppe erhielten eine mittlere Anzahl von vier Behandlungszyklen vor der Stammzellsammlung, Patienten ohne Einnahme von Revlimid eine mittlere Anzahl von fünf Behandlungszyklen.
Insgesamt haben 80 Prozent der Patienten ihre Stammzellen mit G-CSF allein mobilisieren können, 10 Prozent erhielten G-CSF und Mozobil, 9 Prozent G-CSF und Cyclophosphamid und 1 Prozent G-CSF und Sargramostim.
Ein anfänglicher Stammzellsammlungsmisserfolg wurde als die Unfähigkeit definiert, mindestens zwei Millionen Stammzellen pro Kilogramm Körpergewicht innerhalb von drei Tagen zu sammeln.
Den Forschern zufolge ist ein adäquates Ziel für die Sammlung mindestens vier Millionen Stammzellen pro Kilogramm Körpergewicht. Das ist die minimale erforderliche Zellzahl für zwei Stammzelltransplantationen.
Studienergebnisse
Viele Ergebnisse der Studie spiegeln diejenigen anderer Forscher wider, die einen negativen Einfluss der Behandlung von Revlimid auf die Stammzellsammlung gefunden haben.
Zum Beispiel haben die Forscher gefunden, dass ein höherer Anteil Revlimid-behandelter Patienten (9 Prozent) keine ausreichende Anzahl von Stammzellen während des ersten Sammlungsversuchs im Vergleich zu Patienten ohne Revlimideinnahme (5 Prozent) sammeln konnte,. Dieser Unterschied war jedoch statistisch nicht signifikant.
Die Forscher fanden auch einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Revlimid und niedrigerem Stammzellertrag. In der Revlimid-behandelten Gruppe war die mittlere Zahl der gesammelten Stammzellen (6,34 Millionen Zellen/kg) niedriger als in der Gruppe ohne Einnahme von Revlimid (7,52 Millionen Zellen/kg).
Zusätzlich benötigten Revlimid-behandelte Patienten eine mittlere Anzahl von zwei Sammlungssitzungen, um eine entsprechende Stammzellzahl zu sammeln, im Vergleich zu einer Sammlungssitzung bei Patienten, die kein Revlimid bekamen.
Des weiteren gab es auch eine negative Beziehung zwischen dem Stammzellertrag und der Zahl der erhaltenen Revlimid-Behandlungszyklen. Patienten, die weniger als fünf Behandlungszyklen erhielten, hatten einen deutlich höheren Ertrag als Patienten mit fünf oder mehr Zyklen.
Dieses Ergebnis wird in der Tatsache widergespiegelt, dass bei Patienten mit Revlimideinnahme, die bei ihrem ersten Sammlungsversuch gescheitert sind, eine ausreichende Anzahl von Stammzellen zu sammeln, 75 Prozent mehr als vier Zyklen Revlimid erhalten hatten.
Dennoch glauben die Forscher von Karmanos, dass ihre Ergebnisse ingesamt dagegen sprechen, die Behandlung mit Revlimid wegen des Risikos des potenziellen Einflusses auf die Stammzellsammlung zu begrenzen.
Sie weisens zum Beispiel darauf hin, dass von 22 Patienten (7 Prozent) in ihrer Studie, die in ihrer anfänglichen Sammlung nicht genug Zellen hatten, 16 schließlich im Stande waren, genug Stammzellen für mindestens eine einzelne Transplantation zu mobilisieren.
Wenn man die Studie anders betrachtet, waren nur 2 Prozent der Patienten in der Studie unfähig, eine ausreichende Anzahl von Stammzellen für eine einzelne Transplantation zu sammeln.
Außerdem war diese Misserfolgsrate von 2 Prozent diesselbe in der Revlimid-behandelten Gruppe und bei den Patienten ohne vorherige Einnahme von Revlimid. Dies ungeachtet der Tatsache, dass 42 Prozent der Revlimid-behandelten Patienten mehr als vier Zyklen von Revlimid erhalten hatten.
Schließlich fanden die Forscher, dass es keinen Unterschied zwischen den Revlimid-behandelten Patienten und anderen Patienten darin gab, wie lange es für die Leukozyten und Thrombozyten der Patienten dauerte, nach der Transplantation wieder anzuwachsen.
Obwohl die Forscher einräumen, dass die Behandlung mit Revlimid tatsächlich einen Einfluss auf Stammzellsammlung bei den Patienten in ihrer Studie hatte, sind sie nicht überzeugt, dass der Einfluss bedeutend genug war, um praktische Implikationen zu haben.
Sie schlagen deshalb eine neue Bewertung der aktuellen Richtlinien vor, die empfehlen, dass Patienten, die mit Revlimid behandeln werden, ihre Stammzellsammlung nicht nach mehr als vier Revlimid-Zyklen durchführen sollten.
Die Autoren sind der Meinung, dass diese Richtlinien unnötigerweise Patienten veranlassen könnten, ihre Stammzellen sammeln zu lassen, bevor sie das tiefstmögliche Ansprechen auf die Behandlung erreichen.
Für weitere Informationen, siehe bitte die Studie in der Zeitschrift Supportive Care in Cancer (Zusammenfassung).
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ein Witz, diese Therapie, aber es ist finanziell wohl sehr einträglich.