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Studie zeigt, dass neu diagnostizierte Myelompatienten mit hoher Wahrscheinlichkeit einen niedrigen Testosteronspiegel haben

Kein Kommentar Von ; Übersetzt von Sabine Schock
Veröffentlicht: 19. Oktober 2018 11:42
Studie zeigt, dass neu diagnostizierte Myelompatienten mit hoher Wahrscheinlichkeit einen niedrigen Testosteronspiegel haben

Die Ergebnisse einer kürzlich durchgeführten Beobachtungsstudie deuten darauf hin, dass eine grosse Mehrheit neu diagnostizierter Myelompatienten einen niedrigen Testosteronspiegel haben.

Forscher der Ohio State University testeten den Testosteronspiegel im Blut von über 550 Menschen mit einer Plasmazellerkrankung. Mehr als 90 Pro­zent der Studienteilnehmer hatten entweder ein multiples Myelom, ein schwe­len­des Myelom, MGUS oder ein Plasmozytom. Über alle Studien­teil­nehmer hinweg hatten 74 Prozent einen Testosteronspiegel, der im Ver­hält­nis zu ihrem Alter und Geschlechts zu niedrig war.

Der Testosteronspiegel wurde innerhalb von sechs Monaten nach Diagnose gemessen. Bei den Stu­dien­teilnehmern, die ein aktives (symptomatisches) multiples Myelom hatten, spiegelten die gemes­senen Testosteronspiegel möglicherweise die kombinierte Wirkung ihrer Erkrankung und ihrer Mye­lom­behandlung wider, da die Testosteronspiegel nicht immer vor Behandlungsbeginn gemessen wurden.

Die Forscher fanden heraus, dass die Studienteilnehmer statistisch gesehen eher einen niedrigen Testosteronspiegel hatten, wenn sie einen hohen Body-Mass-Index hatten (ein Maß für das Gewicht einer Person, in Abhängigkeit von ihrer Größe) oder wenn sie Opiat-Schmerzmittel eingenommen hatten. Es gab auch einen Trend, dass niedrige Albuminwerte mit niedrigen Testosteronwerten asso­­ziiert waren.

Die Forscher fanden keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem Testosteron­spiegel und dem Alter eines Patienten, dem Beta-2-Mikroglobulinspiegel oder dem Kreatinin­spiegel. Ebenso hatte das Vorhandensein oder Fehlen von hochriskanten chromosomalen Ano­ma­li­täten keinen Einfluss auf den Testosteronspiegel eines Patienten und Männer und Frauen hatten gleicher­maßen die Wahrscheinlichkeit, dass der Testosteronspiegel unter dem normalen Bereich für ihr Geschlecht und Alter lag.

Die Forscher untersuchten auch, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Testosteronspiegel und dem Gesamtüberleben der Studienteilnehmer gab. Obwohl die Forscher das Thema aus verschie­de­nen Perspektiven angingen, konnten sie keine wesentlichen Hinweise auf eine solche Assoziation finden.

Testosteron spielt zusammen mit Östrogenen, Androgenen und Vitamin D eine wichtige Rolle beim Knochenaufbau. Angesichts der Bedeutung der Knochengesundheit bei Menschen mit multiplem Myelom meinen die Forscher der Ohio State University, dass die Testosteronersatztherapie in den Fällen in Betracht gezogen werden könnte, in denen Patienten, insbesondere männliche Patienten, einen besonders niedrigen Hormonspiegel aufweisen.  Von einer Ersatztherapie wird weder zu- noch abgeraten. Sie stellen jedoch fest, dass mindestens eine aktuelle Studie darauf hindeutet, dass die Vitamin-D-Ergänzung einen größeren Einfluss auf das Knochenwachstum haben kann als die Testos-teronersatztherapie.

Hintergrundinformationen

Niedrige Testosteronspiegel treten bei älteren Männern häufig auf, aber das Alter ist nicht der einzige Faktor, der zu niedrigen Testosteronwerten führen kann.

Die Autoren der Ohio State-Studie stellen fest, dass das multiple Myelom und seine Behandlungen auch zu einem niedrigen Testosteronspiegel beitragen können. So wurden beispielsweise Symptome niedriger Testosteronspiegel bei Patienten mit multiplem Myelom berichtet, die hochdosiertes Mel­pha­lan erhalten haben; des weiteren ist die Einnahme von Dexamethason ebenfalls mit einem niedri­ge­ren Testosteronspiegel verbunden.

In ihrer aktuellen Studie versuchten die Forscher festzustellen, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Testosteronspiegel und den persönlichen und krankheitsspezifischen Merkmalen eines Myelom­patienten gibt. Eine Hypothese, die sie explizit testen wollten, war, ob ein Zugewinn im Chromosom 1q mit höheren Testosteronwerten assoziiert ist.

Studiendesign

Die Daten für die aktuelle Studie stammen aus dem Ohio State University multiples Myelom und Amy­loi­dose-Datenregister. Um in die aktuelle Studie aufgenommen zu werden, mussten die Patienten eine Plasmazellerkrankung haben und ihren Bluttestosteronspiegel innerhalb von sechs Monaten nach Diagnose testen lassen. In der Studie wurde nicht erfasst, ob die Teilnehmer vor ihrem Test mit der Behandlung ihrer Krankheit begonnen hatten.

Insgesamt stützt sich die aktuelle Studie auf Daten von 561 Personen (305 Männer und 121 Frauen), von denen 426 ein multiples Myelom hatten, 25 ein schwelendes Myelom, 55 MGUS (monoklonale Gammopathie mit unbestimmter Signifikanz), 47 AL-Amyloidose und 8 ein Plasmozytom.

Studienergebnisse

Die Forscher fanden heraus, dass 74 Prozent der Patienten einen zu niedrigen Testosteronspiegel für ihr Geschlecht und ihr Alter hatten. Der mittlere Testosteronspiegel für alle Patienten in der Studie be­trug 260 ng/dL. Die Werte waren bei den männlichen Studienteilnehmern über alle Krankheiten hin­weg ähnlich. Es waren 222,5 ng/dL bei Patienten mit multiplem Myelom, 205,5 ng/dL bei Patienten mit schwelendem Myelom, 212 ng/dL bei MGUS-Patienten und 246 ng/dL bei AL-Amyloidose-Patienten.

Wie sie auf Grundlage früherer Forschungsarbeiten vermuteten, fanden die Forscher, dass niedrige Testosteronwerte mit hohem Körpergewicht (gemessen am Body-Mass-Index eines Patienten) und mit der Verwendung von Opiat-Schmerzhemmern assoziiert war. Es gab auch einen Trend, dass niedrige Testosteronwerte mit niedrigen Albuminwerten assoziiert waren.

Die Forscher beobachteten jedoch keinen Zusammen­hang zwischen niedrigem Testosteronspiegel und Alter, Beta-2-Mikroglobulinspiegel, Kreatininspiegel und dem Fehlen oder Vorhandensein von hochriskanten chromosomalen Abnormalitäten (die als t(4;14), t(14;16) und del(17p) definiert wurden).

Im Gegensatz zu ihren Vermutungen fanden die Forscher heraus, dass Patienten mit Chromosom 1q-Trisomien und Tetrasomien die niedrigsten mittleren Testosteronwerte aufwiesen. (Eine "Trisomie" ist eine chromosomale Abnormalität, bei der Zellen drei Kopien eines Chromosoms anstelle der üblichen zwei haben; eine "Tetrasomie" ist, wenn es vier Kopien eines Chromosoms gibt.)

Die Forscher benutzten zwei verschiedene Techniken, um zu untersuchen, ob es einen Zusammen­hang zwischen dem Testosteronspiegel und dem Gesamtüberleben der Studienteilnehmer gab. Die beiden Techniken wurden getrennt für männliche und weibliche Studienteilnehmer verwendet, so dass insgesamt vier verschiedene Kontrollen durchgeführt wurden, um festzustellen, ob es einen Zusam­men­hang zwischen dem Testosteronspiegel und dem Gesamtüberleben gibt.

Nur in einem Fall - einem Vergleich des Überlebens bei männlichen Teilnehmern mit dem höchsten und niedrigsten Testosteronspiegel - gab es einen Anhaltspunkt, dass das Gesamtüberleben bei Patienten mit einem niedrigeren Testosteronspiegel niedriger sein könnte. Der Unterschied im Über­leben zwischen den beiden Gruppen von männlichen Patienten war jedoch statistisch nicht signifikant.

Als die Forscher die Daten für die Patienten in ihrer Studie mit denen einer laufenden nationalen Studie über den Gesundheits- und Ernährungsstatus von Menschen in den USA verglichen, fanden sie heraus, dass der mittlere Testosteronspiegel der männlichen Patienten in der nationalen Studie höher war als der der männlichen Patienten in ihrer Studie (389 ng/dL versus 260 ng/dL).

Die Ergebnisse waren ähnlich, als die Autoren die Daten für männliche Patienten in ihrer Studie mit denen in einer Studie über männliche Hormonspiegel bei älteren Männern aus der Allgemein­be­völ­kerung verglichen. Wieder einmal hatten die Patienten in der Ohio State Studie einen niedrigeren Testosteronspiegel als die Männer aus der Allgemeinbevölkerung (534 ng/dL gegenüber 260 ng/dL).

(Die Forscher haben sich bei ihren Analysen in ihrer Studie häufig auf die Ergebnisse für die Männer in ihren Daten konzentriert.)

Weitere Informationen finden Sie in der Studie von John, S. et al., “Most multiple myeloma patients have low testos­terone,” in Leukemia & Lymphoma, October 2, 2018 (Artikelvorschau; auf Englisch).

Photo by cbgrfx123 on Flickr - some rights reserved.
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