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Langsames Ansprechen auf Erstbehandlung kann Zeichen besserer Prognose beim multiplen Myelom sein

Kein Kommentar Von ; Übersetzt von Sabine Schock
Veröffentlicht: 2. Mai 2018 10:33
Langsames Ansprechen auf Erstbehandlung kann Zeichen besserer Prognose beim multiplen Myelom sein

Ergebnisse einer retrospektiven, an der Mayo Klinik durchgeführten Studie zeigen, dass Myelompatienten, die langsam auf ihre Erstbehandlung ansprechen, ein besseres Gesamtüberleben haben.

Genauer gesagt finden die Autoren der neuen Studie, dass neu diagnostizierte Patienten, die mehr als 120 Tage benötigen, um ihr bestes Ansprechen auf die Erstbehandlung zu erreichen, ein besseres progressionsfreies und Gesamtüberleben hatten als Patienten, die ihr bestes Ansprechen in 120 Tagen oder weniger erreichten.

Die fünfjährige Überlebensrate betrug 77 Prozent für Patienten, die ihr bestes Ansprechen auf die Erstbehandlung in mehr als 120 Tagen, und 56 Prozent für Patienten, die ihr bestes Ansprechen in 120 Tagen oder weniger erreichten.

Der positive Einfluss eines langsameren Therapieansprechens auf das Überleben wurde sowohl bei Patienten gesehen, die eine Stammzelltransplantation als Teil ihrer Erstbehandlung hatten, als auch bei Patienten, die das nicht hatten.

Dieses Ergebnis blieb auch bestehen, nachdem die Forscher eine Vielfalt anderer Faktoren überprüften, die einen Einfluss auf die Prognose haben könnten, wie das Patientenalter, die beste Remission nach der Erstbehandlung und risikoreiche chromosomale Abnormitäten.

Die Studie basiert auf Daten von mehr als 1.000 Myelompatienten, die zwischen 2005 und 2015 an der Mayo Klinik in Rochester, Minnesota, diagnostiziert wurden.

Aufgrund ihrer Ergebnisse meinen die Studienautoren, dass Patienten, die langsamer auf die Erstbehandlung ansprechen, eine Patientengruppe repräsentieren, deren Krankheit mit geringerer Wahrscheinlichkeit schnell progredient wird und die weniger wahrscheinlich Resistenzen auf die Behandlung entwickelt.

Hintergrund

Das Gesamtüberleben bei Myelompatienten ist seit der Einführung von neuartigen Therapien wie Thalidomid, Revlimid (Lenalidomid) und Velcade (Bortezomib) in den letzten 20 Jahren deutlich gestiegen (siehe verwandte Nachrichten von Myeloma Beacon; auf Englisch).

Die neuartigen Substanzen stellen Ärzten mehr Optionen zur Verfügung, mit denen man das multiple Myelom behandeln kann und verlängert damit deutlich die Zeit, die jeder Patient hat, bis alle Behandlungsoptionen erschöpft sind.

Außerdem ermöglichen die neuen Therapieoptionen es, ein tieferes Ansprechen auf die Behandlung zu erreichen, die im Allgemeinen die Zeit bis zum Krankheitsprogress eines Patienten verlängert und er eine neue Behandlung bekommen muss.

Jedoch ist eine tiefe Remission nach der Erstbehandlung nicht immer eine Garantie für ein langes Gesamtüberleben. Die Autoren der neuen Studie schreiben, dass “Überlebensanalysen sowohl in den Transplantations-  als auch in den Nichttransplantationspatientengruppen zeigen, dass bis zu 20 Prozent der Patienten, die eine komplette Remission auf die Erstbehandlung erreichen, innerhalb von vier Jahren sterben.”

Forscher versuchen deshalb, zusätzliche Faktoren zu identifizieren, um das Überleben bei Myelompatienten besser vorauszusagen. Die Kenntnisse solcher Faktoren könnten es für Ärzte leichter machen, eine auf die Prognose eines Patienten gestützte Therapie zu planen.

Umfassende Forschungen haben gezeigt, dass sowohl die Dauer einer initialen Remission eines Patienten auf die Behandlung als auch die Tiefe der Remission, starke (aber nicht vollkommene) Vorhersagefaktoren für das Patientenüberleben sind.

Es gibt widersprüchliche Beweise, ob die Geschwindigkeit einer Remission eines Patienten nach der Erstbehandlung einen positiven oder negativen Einfluss auf die Prognose hat.

Studien, die vor der Einführung der neuen Substanzen durchgeführt wurden, wiesen darauf hin, dass eine schnelle Remission auf die Erstbehandlung mit schlechteren Überlebensergebnissen verbunden ist. Studien mit Patienten, die eine Behandlung mit den neuen Substanzen erhielten, haben gemischte Ergebnisse gehabt. Beispiele:

  • Rezidivierte Patienten, die Velcade-basierte Therapien in einer klinischen Studie erhielten, hatten eine längere Zeit bis zur Progression, wenn ihre M-Spitze nach Behandlungsbeginn schnell abnahm (Referenz; auf Englisch)
  • Neu diagnostizierte Patienten in einer kombinierten Analyse von Ergebnissen dreier europäischer klinischen Studien hatten Überlebensergebnisse, die unbeeinflusst davon waren, ob die Patienten eine komplette Remission vor oder nach sechs Monaten erreichten (Referenz; auf Englisch)
  • Neu diagnostizierte Patienten in einer klinischen US-Studie an einem einzelnen Zentrum hatten ein niedrigeres Gesamtüberleben, wenn ihre freie Leichtketten im Serum schnell nach Behandlungsbeginn fielen (Referenz; auf Englisch)
  • Rezidivierte Patienten in einer internationalen Studie, die die Wirkung von Ninlaro- (Ixazomib) basierten Therapien überprüfte, hatten ein längeres progressionsfreies Überleben, wenn sie länger brauchten, um ihre beste Remission auf die Behandlung zu erreichen (Referenz; auf Englisch)

In Anbetracht der mangelnden Übereinstimmung in den Studien, die die Remissionsgeschwindigkeit im Zeitalter der neuen Substanzen untersuchten, haben sich die Autoren der neuen Studie dafür entschieden, das Thema anhand von Patientendaten an ihrer eigenen Institution zu untersuchen.

Studiendesign

Die Studienautoren analysierten retrospektiv (zurückblickend) Daten von allen 1.099 Myelompatienten, die an der Mayo Klinik, Rochester, Minnesota, zwischen 2005 und 2015 diagnostiziert wurden, eine Erstbehandlung mit neuen Substanzen erhielten und mindestens eine sehr gute teilweise Remission auf die Erstbehandlung erreichten.

Das mittlere Patientenalter bei Diagnose betrug 63 Jahre.

Die häufigsten Erstbehandlungen, die die Patienten erhielten, umfassten Revlimid und Dexamethason (33 Prozent der Patienten), Velcade, Cyclophosphamid und Dexamethason (24 Prozent) und Velcade, Revlimid und Dexamethason (16 Prozent). Ein Drittel der Patienten erhielt eine Stammzelltransplantation als Teil ihrer Erstbehandlung, die als Transplantation innerhalb von 12 Monaten der Erstbehandlung definiert wurde.

Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 3,8 Jahre. Die mittlere Länge der Erstlinientherapie für alle Patienten in der Studie betrug 1,8 Jahre. Die Autoren berichteten gegenüber Myeloma Beacon, dass die Erstlinientherapie sich in der Länge bei den Patienten unterscheidet, je nachdem, ob sie zum Beispiel eine Transplantation oder eine Erhaltungstherapie als Teil ihrer Erstbehandlung erhielten.

Das mittlere Gesamtüberleben nach der initialen Diagnose betrug 8,8 Jahre.

Studienergebnisse

Die Studienautoren fanden heraus, dass die mittlere Zeit bis zum besten Ansprechen bei den Patienten in ihrem Datenset 4,9 Monate und die mittlere beste Ansprechdauer 1,8 Jahre betrug.

Noch wichtiger war, dass die Forscher feststellten, dass die Zeit, die die Patienten brauchten, um ihre beste Remission nach der Erstbehandlung zu erreichen, sowohl ihr progressionsfreies Überleben als auch ihr Gesamtüberleben beeinflusste.

Die Forscher teilten die Patienten in der Studie in zwei Gruppen ein:

  1. Patienten, die ihr bestes Ansprechen auf die Behandlung in 120 Tagen oder weniger erreichten
  2. Patienten, die mehr als 120 Tage benötigten, um ihr bestes Ansprechen zu erreichen.

Das mittlere progressionsfreie Überleben betrug 2,1 Jahre für Patienten in der ersten (schnell ansprechenden) Gruppe und 3,3 Jahre in der zweiten (langsam ansprechenden) Gruppe.

Das mittlere Gesamtüberleben betrug etwa sechs Jahre in der ersten (schnell ansprechenden) Gruppe und ist in der zweiten (langsam ansprechenden) Gruppe noch nicht erreicht worden.

Die fünfjährigen Überlebensraten betragen 56 Prozent für die schnell und 77 Prozent für die langsam ansprechende Gruppe.

Diese Unterschiede im Überleben zwischen den zwei Patientengruppen sind statistisch sehr signifikant (bedeutend).

Ebenso wichtig ist, dass diese Unterschiede auch bestanden, wenn die Autoren andere Faktoren mit einbezogen, die die Prognose eines Patienten beeinflussen können.

Zum Beispiel teilten die Forscher die Patienten in zwei verschiedene Altersgruppen: in über und unter 65-jährige Patienten. In beiden Altersgruppen hatte die Zeit bis zur besten Remission noch einen bedeutenden Einfluss auf das Überleben. Patienten, die ihre beste Remission in mehr als 120 Tagen erreichten, hatten ein längeres progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben als Patienten in derselben Altersgruppe, die schneller auf die Behandlung ansprachen.

Die Forscher erhielten dasselbe Ergebnis, als sie Patienten danach aufteilten, ob sie eine Transplantation als Teil der Erstbehandlung bekommen hatten oder nicht. Wieder hatten die Patienten in der Gruppe, die mehr als 120 Tage benötigten, um ihre beste Remission zu erreichen, die besseren Überlebensergebnisse.

Die Studienautoren benutzen verschiedene statistische Modelle, um zu überprüfen, ob andere Faktoren, wie Geschlecht, beste Remission nach der Erstbehandlung, Typ der Erstbehandlung, Größe der anfänglichen M-Spitze, Krankheitsstadium bei Diagnose oder Anwesenheit risikoreicher, chromosomaler Abnormitäten die Auswirkung der Zeit bis zur besten Remission relativieren könnte.

In allen Modellen blieb die Zeit bis zur besten Remission ein bedeutender Faktor.

In Anbetracht dieser Ergebnisse schreiben die Autoren, dass “es möglich ist, dass das multiple Myelom, das langsamer auf die Erstbehandlung anspricht, mit einem biologischen Vorteil verbunden ist, der unabhängig vom Krankheitsstadium eines Patienten oder chromosomalen Abnormitäten ist.“ Myelompatienten, die langsamer auf die Behandlung ansprechen, erläutern die Autoren weiter, “könnten für die sich entwickelnden Behandlungsresistenzen und den darauffolgenden Krankheitsprogress weniger anfällig sein.”

Modifizierte vs. Standardüberlebenskennzahlen

In den meisten ihrer Analysen konzentrieren sich die Studienautoren auf “modifizierte” Werte des progressionsfreien Überlebens und Gesamtüberlebens. Die Werte verwenden als Startpunkt den Zeitpunkt, an dem ein Patient das beste Ansprechen auf die Behandlung erreicht, nicht den üblichen Startpunkt (entweder Diagnosezeitpunkt oder Behandlungsbeginn). Die Verwendung modifizierter Überlebenswerte vermeidet statistische Probleme, die bei der Analysenart vorkommen können, die die Autoren in dieser Studie verwenden.

Diese Zusammenfassung von Myeloma Beacon der Studienergebnisse verwendet jedoch Standardüberlebenswerte, weil sie leichter zu interpretieren sind.

Für weiterführende Informationen, siehe die Studie von Mellors, P.W. et al., “Time to plateau as a predictor of survival in newly diagnosed multiple myeloma,” American Journal of Hematology, 16. April 2018 (Zusammenfassung; auf Englisch).

Photo by Robert S. Donovan on Flickr - some rights reserved.
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