Myeloma Morning: Darzalex kurz vor europäischer Zulassung, und allogene Transplantation
Veröffentlicht: 11. April 2016 09:34


Einen etwas verspäteten guten Morgen, Myelomwelt.
Wie ist Ihr Freitag bis jetzt gelaufen? Hat der ein oder andere Aprilscherz Freude, Entsetzen oder ein bisschen von beidem in Ihr Leben gebracht?
Wir sind heute morgen, als wir dabei waren, die heutige Ausgabe von Myeloma Morning fertigzusellen, von einer Nachricht überrascht worden. Es ist doch jedoch eine gute Nachricht über Darzalex, d.h. wir werden uns keinesfalls beklagen.
Hier sind die heutigen Themen über das multiple Myelom:
Erstens ist Darzalex (Daratumumab) in Europa einen großen Schritt weiter, als Myelommedikament zugelassen zu werden. Eine positive Meinung von einem wichtigen europäischen Beratungsausschuss wird wahrscheinlich zu einer Zulassung in Europa innerhalb der nächsten zwei Monate führen.
Zweitens berichtet eine neue Studie von holländischen Forschern über langfristige Ergebnisse der allogenen (Spender-) Stammzelltransplantation bei Myelompatienten. Die Forscher stützen sich auf Daten von fast 150 Patienten an einem Behandlungszentrum. Sie zeigen, dass die allogene Transplantation als Teil einer initialen Myelomtherapie eines Patienten zu sehr langen Überlebenszeiten führen kann. Im Gegensatz dazu ist die Therapie bei Patienten mit Rezidiv viel weniger erfolgreich.
Wir haben mehr über diese Entwicklungen - sowie andere Nachrichten - im Rest des Artikels.
Darzalex kurz vor der europäischen Zulassung
Janssen, die Tochtergesellschaft von Johnson & Johnson, die Darzalex vermarktet, hat heute Morgen bekannt gegeben, dass der Ausschuss für medizinische Produkte für den menschlichen Gebrauch (CHMP) der europäischen Arzneimittelbehörde ein positives Votum für die Zulassung von Darzalex als neue Behandlung für das multiple Myelom in Europa abgegeben hat (Pressemittteilung; auf Englisch).
Eine positive Meinung des CHMP ist keine behördliche Zulassung. Es ist lediglich eine Bewertung, die zur Europäischen Kommission weitergeleitet wird, die schließlich entscheidet, ob man ein neues Medikament in Europa zulässt.
Es ist sehr selten, dass die Europäische Kommission sich entscheidet, ein Medikament nicht zu zulassen, wenn sie ein positives Votum vom CHMP erhalten hat. So bedeuten die heutigen Meldungen, dass Darzalex sehr wahrscheinlich in Europa genehmigt wird. Mit der endgültigen Entscheidung kann in den nächsten zwei bis drei Monaten gerechnet werden.
Der Pressemitteilung von Janssen nach ist anzunehmen, dass Darzalex als Einzelsubstanz bei Erwachsenen mit rezidiviertem und refraktärem multiplen Myelom zugelassen wird, die vorher mit einem Proteasomenhemmer und einer immunmodulatorischen Substanz behandelt wurden und die nach ihrer letzten Therapie einen Krankheitsprogress hatten.
Proteasomenhemmstoffe schliessen Substanzen wie Velcade (Bortezomib) und Kyprolis (Carfilzomib) und die Immunmodulatoren Medikamente wie Revlimid (Lenalidomid), Pomalyst (Pomalidomid, Imnovid) und Thalidomid (Thalidomid) ein.
Die vorgeschlagene Anwendung in Europa unterscheidet sich vom Einsatz von Darzalex in den Vereinigten Staaten. Dort ist Darzalex für Myelompatienten zugelassen, die mindestens drei Vortherapien, einschließlich sowohl eines immunmodulatorischen Medikamentes als auch eines Proteasomenhemmstoffs, gehabt haben und für Patienten, die “doppelt refraktär” sind, was bedeutet, dass ihre Krankheit nicht mehr auf die Behandlung mit mindestens einem immunmodulatorischen Medikament und mindestens einem Proteasomenhemmstoff anspricht (siehe auch den Artikel von Myeloma Beacon über die FDA Zulassung von Darzalex).
Für den Fall, dass Sie sich dafür interessieren, haben wir weiter unten einen kurzen Bericht über eine Studie, die über eine Komplikation von Darzalex im Rahmen eines Labortests informiert.
Langfristige Ergebnisse der allogenen Transplantation
Als nächstes wenden wir uns einer neuen Forschungsstudie über die allogene Transplantation bei Myelompatienten zu. Diese ist von Forschern in den Niederlanden. Sie berichten über die Ergebnisse von allogenen Transplantationen, die bei 147 Myelompatienten zwischen April 2001 und Januar 2014 durchgeführt wurden. Alle Patienten wurden an einer Einrichtung gesehen - dem University Medical Center in Utrecht - und die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 89 Monate.
Ungefähr 40 Prozent der Utrechter Transplantationen wurden als Teil einer initialen Therapie durchgeführt, direkt nach der Diagnose der Patienten. Der Rest der Patienten hatte ihre allogene Transplantation nach einem Rezidiv. Während des in der Studie abgedeckten Zeitraumes war es Standardpraxis am Utrechter Zentrum, dass alle Myelompatienten unter einem Alter von 66 Jahren - und mit einem passenden Geschwisterstammzellspender – die Möglichkeit hatten, eine allogene Transplantation als Teil ihrer Erstlinientherapie zu bekommen.
Die Ergebnisse der allogenen Transplantation waren bei den Patienten am besten, die die Transplantation als initiale Therapie bekamen. Die Hälfte dieser Patienten lebte noch 10 Jahre nach der Diagnose und das mittlere progressionsfreie Überleben betrug 30 Monate. Die geschätzte, gesamte nicht-Rezidiv-assoziierte Mortalität (NRM = non-relapse mortality), ein Maß dessen, wie gefährlich eine Behandlung sein kann, betrug 16 Prozent bei diesen Patienten.
Patienten, die vor ihrer allogenen Transplantation ein tieferes Ansprechen hatten (komplette Remission oder sehr gute Remission), neigten dazu, ein längeres progressionsfreies und Gesamtüberleben zu haben.
Die Transplantationsergebnisse der allogenen Transplantation bei den rezidivierten Patienten waren nicht so ermutigend. Sie waren sogar enttäuschend. Das mittlere progressionsfreie Überleben betrug gerade mal 8 Monate und das mittlere Gesamtüberleben 29 Monate.
Bei den rezidivierten Patienten waren die Ergebnisse für jüngere Patienten und die Patienten, die ein besseres Ansprechen auf ihre Vortransplantationsbehandlung hatten, besser. Außerdem hatten Patienten mit einer chronischen Graft versus Host –Erkrankung nach ihrer Transplantation ein längeres Überleben.
Wenn man die aktuellen Definitionen von hohem - und Standardrisiko anwendet, reichen die Daten für chromosomale Abnormitäten der Utrechter Patienten nicht aus, um eine ausführliche Analyse darüber durchzuführen, ob die Ergebnisse der allogenen Transplantation von dem Risikostatus eines Patienten abhängen.
Schließlich noch technische Details für diejenigen, die sich besonders für die allogene Transplantation interessieren: Fast alle in dieser Studie durchgeführten Spendertransplantationen wurden mit reduzierter Intensität / non-myeloablativ durchgeführt. Eine T-Zelldepletion (Verfahren zur Entfernung von T-Lymphozyten aus Blutstammzellpräparaten) wurde in etwas mehr als der Hälfte der Patienten durchgeführt; Antithymozytenglobulin (ATG) wurde bei ungefähr 60 Prozent der T-Zelldepletierten Transplantate und Alemtuzumab bei dem Rest verwendet.
Hybrides PET-MRT
Ein neuer Übersichtsartikel über ein bildgebendes Verfahren wurde veröffentlicht, welches als “hybrides PET-MRT ” oder nur“ PET-MRT” beschrieben wurde (Volltext; auf Englisch). Wie vermutet ist das PET-MRT eine Kombination des PET-Scans und MRI-Scans, so wie das PET-CT eine Kombination des PET-Scans und des CT-Scans ist.
Der neue Forschungsartikel betrifft nicht speziell den Einsatz des PET-MRT bei Myelompatienten, aber er hat einen Abschnitt, der das Myelom betrifft.
Wir dachten uns, dass wir die Veröffentlichung des Artikels nutzen würden, um mit dem medizinischen Berater von Myeloma Beacon, Dr. Prashant Kapoor, über das PET-MRT zu sprechen und wie es beim multiplen Myelom eingesetzt wird. Dr. Kapoor ist ein Myelomexperte an der Mayo Klinik in Rochester, Minnesota.
Hier ist, was Dr. Kapoor uns gesagt hat:
“Die Rolle des PET-MRT beim Myelom ist noch unter intensiver Untersuchung und Bewertung. Ich finde, dass das PET-MRT für die Bewertung einer Remission bei Myelompatienten intramedullär (innerhalb der Knochen) und extramedullär (außerhalb der Knochen) potenziell nützlich sein kann."
“Zum Beispiel werden Myelompatienten in der unmittelbaren post-autologen Stammzelltransplantationsphase mit niedriger Tumorlast kaum neue Zerstörungen der Außenknochenschicht haben, die normalerweise durch ein CT leicht entdeckt wird. Stattdessen können autolog transplantierte Patienten weiterhin hartnäckige Knochenmarkinfiltrationen durch Myelomzellen mit uneinheitlicher Verteilung haben, die über ein MRT besser bewertet werden können. Jedoch weisen falsch-positive Ergebnisse (Hinweise auf Resterkrankung, die eigentlich nicht vorhanden ist) auf dem postautologen-Ganzkörper-MRT darauf hin, dass die Kombination mit bildgebenden Methoden, die 'aktive' Läsionen aufdecken können - wie das PET - von größerer Wichtigkeit sein können."
“Es existieren nur wenige Berichte bezüglich der prognostischen Rolle des PET-CT beim multiplen Myelom und keine für das PET-MRT, obwohl, wie man individuell gezeigt hat, beide Verfahren nutzbringend sein können. Darüber hinaus ist der zusätzliche Nutzen des PET-MRT zu der derzeitigen MRD-Diagnostik (minimale Resterkrankung) unbekannt. Viele Forscher, einschließlich wir an der Mayo Klinik, sind dabei, das zu studieren.”
Obwohl Dr. Kapoor über die Verwendung des PET-MRT in der Posttransplantationsphase zu spricht, merkte er im weiteren Gespräch mit Myeloma Morning an, dass die Methode auch bei Patienten mit tiefer Remission nach Erstlinientherapie ohne eine nachfolgende Transplantation angewandt werden kann.
Komplikation von Darzalex
Eine Komplikation von Darzalex, die weithin unbekannt ist, besteht darin, dass es bei einigen Myelompatienten die Serumimmunfixation (IFE) stören kann, bei der bestimmt wird, ob ein Myelompatient monoklonales Protein (Paraprotein) im Blut hat.
Die normale IFE-Prüfung entdeckt Darzalex, wenn es im Blut eines Patienten vorhanden ist, und nimmt an, dass Darzalex dasselbe monoklonale Protein ist wie das vom multiplen Myelom eines Patienten erzeugte Protein. So kann der Test vortäuschen, dass ein Patient noch monoklonales, vom Myelom erzeugtes Protein im Blut hat, auch wenn es gar nicht wirklich da ist.
Ein neuer Forschungsartikel fasst die Arbeit zusammen, die von einem internationalen Forscherteam geleistet wurde, um einen modifizierten IFE-Test zu entwickeln, der bei Myelompatienten verwendet werden kann, die mit Darzalex behandeln werden (Volltext; auf Englisch). Solch ein Test ist jetzt entwickelt worden, und Dr. Kate Sasser von Janssen Forschung & Entwicklung - eine der Autoren der Studie - sagte Myeloma Beacon, dass der Test an einem kommerziellen klinischen Labor in den Vereinigten Staaten in diesem Herbst verfügbar sein wird.
Sobald der modifizierte IFE-Test in diesem Herbst verfügbar ist, können Patienten, die mit Darzalex behandeln werden, ihr Blut an das Labor für die IFE-Prüfung senden.
Dr. Sasser sagte auch, dass Pläne bestehen, eine reguläre Zulassung in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern zu beantragen, so dass der modifizierte Test an alle Labors verkauft werden kann. Im Moment gibt es jedoch keinen öffentlich bekannt gegebenen Terminplan für diesen Zulassungsantrag.
Kurze Anmerkungen
Es gibt zwei neue Forschungsartikel, die wir erwähnen wollen, obgleich wir sie in zukünftigen Ausgaben des Myeloma Mornings besprechen werden. Der erste betrifft eine weitere Studie über die allogene Transplantation bei Myelompatienten (Zusammenfassung; auf Englisch). Der zweite betrifft Genexpression Profiling (GEP) (Zusammenfassung; auf Englisch).
Neue Forschungsartikel über das multiple Myelom
- Chaudhry, A. A. et al., “Utility of positron emission tomography-magnetic resonance imaging in musculoskeletal imaging” in the World Journal of Radiology, March 28, 2016 (Volltext; auf Englisch)
- Dhakal, B. et al., “Allogeneic hematopoietic cell transplantation in multiple myeloma: impact of disease risk and post allograft minimal residual disease on survival” in Clinical Lymphoma, Myeloma & Leukemia, March 30, 2016 (Zusammenfassung; auf Englisch)
- Franssen, L. et al., “Outcome of allogeneic transplantation in newly diagnosed and relapsed/refractory multiple myeloma: long-term follow-up in a single institution” in the European Journal of Haematology, March 29, 2016 (Zusammenfassung; auf Englisch)
- Hermansen, N E. et al., “Gene expression risk signatures maintain prognostic power in multiple myeloma despite microarray probe set translation” in the International Journal of Laboratory Hematology, March 29, 2016 (Zusammenfassung;auf Englisch)
- Linskog, C. et al., “A systematic characterization of aquaporin-9 expression in human normal and pathological tissues” in the Journal of Histochemistry & Cytochemistry, March 29, 2016 (Zusammenfassung; auf Englisch)
- McCudden, C. et al., “Monitoring multiple myeloma patients treated with daratumumab: teasing out monoclonal antibody interference” in Clinical Chemistry and Laboratory Medicine, March 30, 2016 (Volltext; auf Englisch)
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