ASH 2010 Multiples Myelom Update – Tag 3, Nachmittag & Abend
Veröffentlicht: 8. Dezember 2010 22:46


Montag war der dritte Tag der Jahresversammlung der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie (American Society of Hematology, ASH), und es gab sehr viele Präsentationen über das multiple Myelom. Myeloma Beacon hat heute bereits einen Artikel über die Präsentation veröffentlicht, die am Montag vormittag gegeben wurden. Dieser Artikel fasst die Präsentationen zusammen, die Montag nachmittag und abend gegeben wurden.
Den ersten Vortrag am Nachmittag hielt Dr. Ruben Niesvizky vom Weill Cornell Medical College in New York. Er berichtete über die Ergebnisse einer Phase 3-Studie, in der Velcade (Bortezomib)-basierte Induktionstherapien mit einer wöchentlichen Velcade-Erhaltungstherapie kombiniert wurden (ASH Inhaltsangabe).
Die Patienten in dieser Studie waren neu diagnostiziert und kamen für eine Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation nicht in Frage. Alle Studienteilnehmer wurden in eine von drei Induktionsbehandlungen randomisiert eingeteilt: Velcade-Dexamethason ("VD"); Velcade-Thalidomid-Dexamethason ("VTD") oder Velcade-Melphalan (Alkeran)-Prednison ("VMP"). Nach 24 Wochen der Induktionsbehandlung erhielten die Patienten 25 Wochen (fünf 35-tägige Zyklen) mit wöchentlicher Velcade-Erhaltungstherapie.
Die Anzahl der Patienten, die eine komplette oder nahezu komplette Remission nach der Induktionstherapie erreichten, waren 24, 36 und 31 Prozent im VD, VTD und im VMP Arm der Studie. Nach fünf Zyklen der Erhaltungstherapie betrugen die Rate der kompletten oder nahezu kompletten Remission 31, 38 und 34 Prozent.
Ein ziemlich großer Anteil der Patienten in jedem Behandlungsarm zeigte nach 13 Behandlungszyklen ernste Nebenwirkungen - 74, 86 und 80 Prozent im VD, VTD und dem VMP Arm. Eine periphere Neuropathie (Nervenschäden an den Extremitäten, die Schmerzen und prickelnde Mißempfindungen verursachen können) war die häufigste Nebenwirkung. Schwere Neuropathien wurden bei 18, 28 und 21 Prozent der Patienten in jedem Arm beobachtet.
Die Autoren glauben jedoch, dass die Erhaltung mit der Velcade-Monotherapie nach diesen Velcade-basierten Induktionsbehandlungen gut vertragen wird. Die Patienten in der Studie werden weiterhin beobachtet , um die Überlebensdauer und die progressionsfreie Zeit zu messen.
Während der Nachmittagssitzung präsentierte Dr. Antonio Palumbo von der Universität von Torino, Italien, eine Phase 3-Studie bei älteren neu diagnostizierten Myelompatienten, die die zusätzliche Gabe von Revlimid (Lenalidomid) zu Melphalan und Prednison getestet hat (ASH Inhaltsangabe).
Die Patienten in der Studie erhielten eine von drei möglichen Behandlungen. Eine Behandlung schloss neun 28-tägige Zyklen von Melphalan und Prednison, gefolgt von Placebo (MP) ein. Die zweite Behandlung schloss neun 28-tägige Zyklen von Melphalan, Prednison und Revlimid ein, ebenfalls von Placebo gefolgt (MPR). Die dritte Behandlung war wie die zweite, nur erhielten die Patienten nach den ersten neun Zyklen der Behandlung eine Erhaltungstherapie mit Revlimid (MPR-R).
Die Studienergebnisse, die Dr. Palumbo am Montag präsentierte, sind Zwischenergebnisse nach 21-monatiger Beobachtung. Frühere Zwischenergebnisse wurden auf der letztjährigen ASH-Jahresversammlung präsentiert.
Das Ansprechen war mit MPR-R schneller und besser als mit MP, mit Gesamtansprechraten von 70 beziehungsweise 50 Prozent.
Über alle Patienten im MPR-R und dem MP-Arm der Studie hinweg reduzierte MPR-R die Gefahr der Krankheitsprogression um 58 Prozent im Vergleich zu MP. Unter Patienten in den MPR-R und MPR Armen, die keinen Progress während der ersten acht Zyklen der Behandlung hatten, reduzierte MPR-R die Gefahr der Krankheitsprogression um 69 Prozent im Vergleich zu MPR.
Die Nebenwirkungen von MPR-R waren kontrollierbar, aber ein größerer Prozentsatz dieser Patienten unterbrach die Therapie wegen Nebenwirkungen verglichen mit Patienten unter MP. Die häufigsten schweren Nebenwirkungen waren niedrige Blutzellwerte, die während der MPR Phase der Behandlung vorkamen.
Zum Schluss der Nachmittag-Sitzung präsentierte Dr. Murielle Roussel von Hopital Purpan in Toulouse, Frankreich, die Ergebnisse einer Phase 2-Studie, in der neu diagnostizierte Patienten unter 65 Jahren eine initiale Behandlung mit Revlimid, Velcade, und Dexamethason (RVD) erhielten. Anschließend erhielten die Patienten eine autologe Stammzelltransplantation (unter Verwendung ihrer eigenen Stammzellen), eine Konsolidierungstherapie mit RVD, um das bestmögliche Ansprechen nach der Transplantation zu bekommen und schließlich eine Erhaltungstherapie mit Revlimid, um einen Rückfall zu verhindern (ASH Inhaltsangabe).
Der Prozentsatz der Patienten, die eine komplette oder nahezu komplette Remission erreichten, nahm mit jedem Schritt der gesamten Behandlung bis zur Erhaltungstherapie zu. Nach der Konsolidierungstherapie lag die Gesamtansprechrate bei 94 Prozent.
Nebenwirkungen kamen häufig vor. Fast alle Patienten hatten niedrige Blutzellwerte, und zwei Drittel der Patienten erlitten eine periphere Neuropathie. Jedoch erklärte Dr. Roussel, dass diese Nebenwirkungen kontrollierbar gewesen seien.
Die Behandlung mit Revlimid kann es schwierig für einen Patienten machen, genug Stammzellen für die Transplantation zu sammeln. Jedoch waren alle, abgesehen von einem Patienten in dieser Studie im Stande, genug Stammzellen nach der anfänglichen Behandlung mit RVD zu sammeln.
Aufgrund der Wirksamkeit dieser Behandlung wird RVD in einer klinischen Studie getestet, die den Einsatz der Transplantation gegen neuartige Substanzen als Erstlinienbehandlung beim multiplen Myelom vergleicht.
Die Abendsitzung der Montagsnacht konzentrierte auf sich in der Entwicklung befindliche Substanzen als potenzielle Myelombehandlungen.
Es gab drei Vorträge während der Sitzung über Phase 1 und 2-Studien mit Pomalidomid. Die Studien verglichen verschiedene Dosierungen und Dosierungsintervalle für diese Substanz bei schwer vorbehandelten rezidivierten oder refraktären Myelompatienten. Alle drei Vorträge werden eingehend in einem Beacon-Artikel von gestern beschrieben, so dass hier nur kurze Beschreibungen zur Verfügung gestellt werden.
In der ersten Pomalidomid-Studie (ASH Inhaltsangabe) wurden die Wirksamkeit und Nebenwirkungen von 4 mg Pomalidomid in den Tagen 1 bis 21 eines 28-tägigen Zyklus mit derselben Dosis an allen 28 Tagen des Zyklus verglichen. Die Wirksamkeit war mit beiden Dosierungsintervallen ähnlich, d.h. weitere Studien werden wahrscheinlich das kürzere Intervall verwenden.
Der zweite Vortrag (ASH Inhaltsangabe) verglich 2 mg mit 4 mg Pomalidomid in der Kombination mit Dexamethason. Die niedrigere Dosis schien ebenso wirksam - oder vielleicht sogar wirksamer - als die höhere Dosis zu sein, und weniger Patienten hatten bei Einnahme der niedrigeren Dosis Nebenwirkungen.
Der dritte Pomalidomid-Vortrag (ASH Inhaltsangabe) verglich vier verschiedene Pomalidomid Dosierungen (2, 3, 4 und 5 mg) und fand heraus, dass 4 mg die maximale tolerierte Dosis war. In der zweiten Phase der Studie, die noch andauert, wird die Hälfte der Patienten mit 4 mg Pomalidomid allein behandelt, und die andere Hälfte erhält zusätzlich Dexamethason. Ergebnisse, die die zwei Behandlungen vergleichen, sind noch nicht verfügbar.
Ebenfalls während der Abendsitzung hielt Dr. Ruben Niesvizky von der Medizinischen Fakultät von der Weill Cornell Medical School in New York einen Vortrag über eine neue Substanz in Entwicklung namens PD 0332991, oder kurz PD (ASH Inhaltsangabe). PD ist ein orales Medikament, das anders wirkt als die zurzeit zugelassenen Substanzen zur Myelombehandlung. Es hemmt die zyklinabhängigen Kinasen 4 und 6.
Diese Phase 1-Studie schloss rezidivierte und refraktäre Myelompatienten ein, PD wurde in verschiedenen Dosierungen in der Kombination mit Velcade und Dexamethason geprüft. Außerdem erhielt die Hälfte der Patienten PD täglich für 21 von 28 Tagen, und die andere Hälfte täglich für 12 von 28 Tagen.
Nebenwirkungen waren größtenteils niedrige Blutzellwerte, welches bekannte Nebenwirkungen sowohl von PD als auch von Velcade sind. Zwei der 21 eingeschriebenen Patienten erreichten eine sehr gute partielle Remission.
In einer laufenden Phase 2-Studie wird die maximal tolerierte Dosis dieser Studie gegeben: 100 mg PD an den Tagen 1 bis 12, 1,0 mg/m2 Velcade, und 20 mg Dexamethason.
PD wurde in dieser Kombinationsbehandlung untersucht, da Versuche an Mäusen gezeigt haben, dass die Kombinationsbehandlung wirksamer ist als PD allein. Ein Arzt im Publikum sagte jedoch, dass der Weg zur Zulassung für PD sehr schwierig sein könnte, wenn man nicht die Wirksamkeit der Einzelsubstanz beim multiplen Myelom beweisen könne.
Später in der Abendsitzung präsentierte Dr. Andrzej Jakubowiak von der Universität in Michigan Ergebnisse einer Studie von Carfilzomib in der Kombination mit Revlimid und niedrig dosiertem Dexamethason bei neu diagnostizierten Myelompatienten (ASH Inhaltsangabe).
Die bisherige Forschung konnte zeigen, dass die Kombination von Revlimid, Velcade, und Dexamethason bei der Myelombehandlung hochwirksam ist. Die Gruppe von Dr. Jakubowiak entschied sich dafür, eine Kombination von Revlimid, Carfilzomib und niedrig dosiertem Dexamethason (CRd) zu untersuchen, um zu sehen, ob diese Kombination das Auftreten der peripheren Neuropathie reduziert, die mit Velcade-basierten Behandlungen assoziiert ist.
Patienten in der Studie erhielten zuerst vier 28-tägige Zyklen der Behandlung mit Carfilzomib, Revlimid und hoher Dosis Dexamethason. Patienten, die mindestens eine partielle Remission auf diese anfängliche Behandlung erreichten, erhielten eine autologe Stammzelltransplantation (mit ihren eigenen Stammzellen), die von vier 28-tägigen Zyklen der Konsolidierungstherapie mit CRd und anschließender Erhaltungstherapie mit monatlichem CRd gefolgt war.
Nach acht Zyklen der Behandlung gemäß dem Studienprotokoll erreichten alle 24 Patienten in der Studie mindestens eine partielle Remission. 67 Prozent erreichten eine komplette oder nahezu komplette Remission, 17 Prozent eine teilweise sehr gute partielle Remission und 17 Prozent eine partielle Remission.
Keiner der Patienten hat bis jetzt eine Krankheitsprogression und keiner ist nach 6 Monaten gestorben.
Die Carfilzomib Dosis von 36 mg/m2 wurde gut vertragen. Nebenwirkungen waren relativ selten mit niedrigen Leukozytenzahlen und eine milde periphere Neuropathie bei ungefähr 10 Prozent der Patienten. Keiner der Patienten hatte eine schwere Neuropathie, Dosis-Modifizierungen waren selten notwendig.
Die CRd-Behandlung hatte keinen negativen Einfluss auf die Stammzellsammlung. Bei allen Patienten konnten genug Zellen gesammelt werden.
Dr. Jakubowiak folgerte, dass CRd hoch wirksam ist und schnelle und tiefe Antworten erreicht wurden. Diese Studie erhielt viel Lob von den Ärzten im Publikum: "Dieses sind beispiellose komplette Remissionsraten, und das ist sehr viel versprechend"; "Wunderbare Daten"; "Sehr ermutigend."
Eine Phase 3-Studie vergleicht jetzt CRd mit Rd bei rezidivierten Myelompatienten, und andere Carfilzomib Kombinationen werden ebenso geprüft.
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