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Einseifen, Spülen, Wiederholen: Ist eine erneute Behandlung mit auf BCMA-gerichtete Therapien für das multiple Myelom möglich?

Kein Kommentar Von ; Übersetzt von Sabine Schock
Veröffentlicht: 1. Oktober 2019 11:47
Einseifen, Spülen, Wiederholen: Ist eine erneute Behandlung mit auf BCMA-gerichtete Therapien für das multiple Myelom möglich?

Eine wichtige Quelle für Optimismus in der Myelom-Gemeinschaft ist heutzutage die große Anzahl potenziell sehr effektiver Behandlungen, die sich in der Entwicklung befinden.

Eine steigende Anzahl wirksamer Behandlungsmöglichkeiten für die Erkrankung könnte zu einem erheblichen Anstieg der Überlebensraten sowohl bei neu diagnostizierten als auch bei rezidivierten Patienten mit multiplem Myelom führen.

Es gibt jedoch ein gemeinsames Thema unter vielen der vielversprechenden Forschungstherapien für das multiple Myelom, das den Einfluss dieser Therapien auf das Myelomüberleben (wie viele hoffen) einschränken könnte. Das gemeinsame Thema lässt sich in vier Buchstaben zusammenfassen: BCMA.

BCMA, oder B-Zell-Reifungsantigen, ist ein Protein, das sich auf der Oberfläche von Myelomzellen befindet. Viele der potenziellen neuen Therapien für  das multiple Myelom, über die in den letzten Jahren berichtet wurde, nutzen BCMA, um Myelomzellen gezielt anzugreifen.

Die CAR-T-Zelltherapie bb2121, das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Belantamab-Mafodotin (GSK2857916) und der bispezifische Antikörper AMG 420 haben alle eine vielversprechende Wirksamkeit in frühen klinischen Studien für das multiple Myelom gezeigt, und alle verwenden BCMA, um Myelomzellen gezielt anzugreifen.

Von den vielen Medikamenten, die sich in verschiedenen Entwicklungsstadien als potenzielle neue Therapien für das multiple Myelom befinden, zielen etwa die Hälfte auf BCMA ab.

Dies wirft eine Reihe wichtiger Fragen auf: Werden die Patienten von jeder dieser neuen, auf BCMA-gerichteten Behandlungen profitieren können, vorausgesetzt, dass viele von ihnen schließlich von den Regulierungsbehörden zugelassen werden? Oder werden Patienten, die nach der Behandlung mit einer auf BCMA-gerichteten Therapie rezidivieren, wahrscheinlich nicht ansprechen, wenn sie mit einer der anderen auf BCMA-gerichteten Behandlungen behandelt werden?

Solche Fragen müssen die Forscher berücksichtigen, denn Myelompatienten entwickeln nicht nur Resistenzen gegen einzelne Behandlungen, sondern auch gegen Therapieklassen.

Ein Patient, der z.B. lange mit einem Proteasom-Inhibitor wie Velcade (Bortezomib) behandelt wurde und rezidiviert, spricht weniger wahrscheinlich auf die Behandlung mit einem anderen Proteasom-Inhibitor wie Ninlaro (Ixazomib) oder Kyprolis (Carfilzomib) an als ein rezidivierter Patient, der vorher keinen Proteasom-Inhibitor erhalten hat.

Wird es bei auf BCMA-gerichtete Therapien einen ähnlichen "Klasseneffekt" geben?

Diese Frage versuchten Forscher der University of Pennsylvania in Philadelphia und des Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York City zu beantworten, als sie Aufzeichnungen aus klinischen Studien in ihren Einrichtungen überprüften und nach Patienten suchten, die mehr als eine auf BCMA-gerichtete Therapie erhalten hatten.

Ihre Aufgabe war nicht einfach, da viele Studien mit auf BCMA-gerichtete Therapien Patienten ausschließen, die schon vorher mit einer auf BCMA-gerichtete Therapie behandelt wurden.

Die Forscher konnten jedoch zwei Patienten finden, die zu unterschiedlichen Zeiten mit zwei verschiedenen auf BCMA-gerichtete Therapien behandelt wurden und auf beide Behandlungen ansprachen.

Diese beiden Patientenfälle sind erste Hinweise darauf, dass Myelompatienten auf mehr als eine auf BCMA-gerichtete Therapie ansprechen könnten. Das ist eine gute Nachricht für Myelompatienten und ihre Ärzte, denn es erhöht das Ausmaß, in dem Patienten erwarten können, von den vielen auf BCMA-gerichtete Therapien zu profitieren, die sich in der Entwicklung befinden.

Falldetails - P-BCMA-101 nach Belantamab Mafodotin

Der ermutigendste der beiden von den Forschern von Penn und Sloan Kettering diskutierten Fälle ist der eines 49-jährigen männlichen Myelompatienten, der bereits 5 Myelomvortherapien erhalten hatte. Die Krankheit des Patienten war resistent gegen Revlimid (Lenalidomid), Darzalex (Daratumumab), Empliciti (Elotuzumab), Pomalyst (Pomalidomid) und Kyprolis geworden.

Im August 2016 hatte der Patient einen Knochenmarksplasmazellanteil von 70 Prozent und beschloss, die Behandlung mit dem auf BCMA-gerichteten Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Belantamab-Mafodotin (GSK2857916) im Rahmen einer klinischen Studie zu beginnen.

Leider konnte das Medikament das Fortschreiten der Erkrankung des Patienten nicht stoppen, und er und seine Ärzte beschlossen, die Behandlung im Oktober 2016 auf Keytruda (Pembrolizumab), Revlimid und Dexamethason umzustellen.

Die Behandlung mit dieser Drei-Medikamenten-Kombination führte zu einem geringen - aber dauerhaften - minimalen Ansprechen. Da das Ansprechen jedoch nicht sehr signifikant war, wurde etwa anderthalb Jahre später beschlossen, die Behandlung auf eine zweite auf BCMA-gerichtete Therapie, die CAR-T-Zelltherapie P-BCMA-101, umzustellen, wiederum im Rahmen einer klinischen Studie.

Die Infusion von P-BCMA-101 T-Zellen erfolgte im April 2018 nach Konditionierung mit Cyclophosphamid (Cytoxan) und Fludarabin (Fludara).

Diese zweite auf BCMA-gerichtete Behandlung führte zu einem partiellen Ansprechen, das bis zur Veröffentlichung des Artikels der Forscher andauert. Der Anteil der Knochenmarksplasmazellen des Patienten sank von 65 Prozent vor der Infusion der P-BCMA-101 CAR T-Zelltherapie auf 15 Prozent 79 Tage danach.

Falldetails – Belantamab Mafodotin nach MTV273

Der andere von den Forschern diskutierte Fall war der einer 59-jährigen Myelompatientin, die 10 Vortherapielinien erhalten hatte, darunter Velcade, Revlimid, Kyprolis, Pomalyst und Darzalex. Sie begann die Behandlung im Juni 2016 mit der auf BCMA-gerichteten CAR-T-Zelltherapie MTV273, die von der University of Pennsylvania und dem Pharmaunternehmen Novartis entwickelt wird.

Der Anteil der Knochenmarksplasmazellen der Patientin betrug 90 Prozent vor Beginn der Behandlung mit MTV273, und er sank einen Monat nach der CAR-T-Zellinfusion auf 20 Prozent. In den nächsten Monaten begann die Erkrankung der Patientin jedoch wieder fortzuschreiten, und es wurde die Entscheidung getroffen, eine andere Therapie zu versuchen.

Die nächste Behandlung, die die Patientin versuchte, war Belantamab-Mafodotin (GSK2857916), das ihren Anteil an Knochenmarksplasmazellen über einen Zeitraum von vier Monaten von 38 Prozent auf 5 Prozent reduzierte. Die Erkrankung der Patientin begann jedoch Ende 2016 wieder aktiv zu werden, und im Januar 2017 wurde beschlossen, auf eine andere Behandlung umzusteigen.

Die Patientin durchlief schließlich mehrere zusätzliche Therapien, darunter eine autologe Stammzelltransplantation, die ihre Krankheit für anderthalb Jahre in Schach hielt. Sie verstarb jedoch schließlich im September 2018.

Zusätzliche Perspektiven

Die Penn and Sloan-Kettering-Forscher stellen fest, dass es kein Zufall sein kann, dass unter den beiden Fällen, die sie zusammenfassen, der Patient, der zuerst Belantamab-Mafodotin (GSK2857916), dann eine Keytruda-basierte Behandlung und dann die P-BCMA-101 CAR-T-Zelltherapie erhielt, mehr von aufeinanderfolgenden auf BCMA-gerichtete Therapien zu profitieren schien.

Genauer gesagt wird angenommen, dass Myelomzellen, die durch die Behandlung mit Belantamab-Mafodotin sterben, eine zusätzliche Antimyelomreaktion des Immunsystems auslösen können. Diese Reaktion des Immunsystems hätte durch eine nachfolgende Behandlung mit einem auf Keytruda basierenden Schema verbessert werden können, da Keytruda das Immunsystem auch zur Bekämpfung des multiplen Myeloms einsetzt.

Darüber hinaus kann die Tendenz, dass Keytruda lange Zeit im Körper eines Patienten verbleibt (im Fachjargon eine "lange Halbwertszeit" hat), die Wirkung der P-BCMA-101 CAR T-Zelltherapie verstärkt haben, die der Patient nach Beendigung der Behandlung mit dem Keytruda-, Revlimid- und Dexamethason-Schema erhielt.

Die Autoren der neuen Studie stellen auch fest, dass die Erfahrung mit anderen Blutkrebsarten darauf hindeutet, dass eine erneute Behandlung des Myeloms mit verschiedenen auf BCMA-gerichtete Therapien möglich sein könnte. So können z.B. Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie, die nach der Behandlung mit einem bispezifischen Antikörper, der auf das Zelloberflächenprotein CD19 abzielt, rezidivieren, auf CAR-T-Zelltherapien, die ebenfalls auf CD19 abzielen, ansprechen.

Weitere Informationen finden Sie in dem Artikel von Cohen, AD, et al. "Serial treatment of relapsed / refractory multiple myeloma with different BCMA-targeting therapies", in Blood Advances, 27. August 2019 (Volltext; auf Englisch).

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