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Augenlidkomplikationen mit Velcade-Therapie: Neue Erkenntnisse und Empfehlungen

Kein Kommentar Von ; Übersetzt von Sabine Schock
Veröffentlicht: 30. Mai 2019 10:59
Augenlidkomplikationen mit Velcade-Therapie: Neue Erkenntnisse und Empfehlungen

Ein Team von US-Forschern hat die Ergebnisse einer Untersuchung von Augenlidkomplikationen bei Patienten mit multiplem Myelom veröffentlicht, die mit Velcade oder Kyprolis behandelt wurden. Auf Grundlage ihrer Unter­suchungsergebnisse schlagen die Autoren der neuen Studie auch Leitlinien für die Prävention und das Management solcher Komplikationen vor.

Die Autoren berichten über eine Fallserie von 16 Patienten, die nach Be­ginn der Behandlung mit Velcade (Bortezomib) oder Kyprolis (Carfil­zomib) entweder Blepharitis oder ein Hagelkorn entwickelten.

Blepharitis ist der medizinische Begriff für chronische Entzündungen des Augenlids; ein Hagelkorn (Chalazion) ist eine Zyste im Augenlid, die durch eine blockierte Fettdrüse verursacht wird.

Sowohl Blepharitis als auch das Hagelkorn wurden bisher bei Patienten beobachtet, die mit Velcade behandelt wurden, und sowohl Velcade als auch Kyprolis gehören zu den Proteasomeninhibitoren, zu denen auch Ninlaro (Ixazomib) gehört.

Es gab 11 Frauen und 5 Männer in der aus insgesamt 16 Patienten bestehenden Stichprobe der Forscher, was darauf hindeutet, dass Lidkomplikationen häufiger bei weiblichen Myelompatienten auftreten können.

Vierzehn der 16 Patienten hatten eine oder mehrere Hagelkornepisoden und zehn Patienten hatten eine oder mehrere Blepharitisepisoden. Häufig traten beide Lidkomplikationen gleichzeitig auf. Dies kam bei 60 Prozent der Patienten vor, die ein Hagelkorn entwickelten, und bei 80 Prozent der Pa­tien­ten, die Blepharitis entwickelten.

Die durchschnittliche Zeit vom Beginn der Velcade- oder Kyprolis-Behandlung bis zur Entwicklung einer Lidkomplikation betrug 103 Tage (3,4 Monate).

Da es sich bei dem Bericht der Forscher um eine retrospektive Analyse handelte, wurden die Lid­komplikationen nicht einheitlich behandelt. Der Ansatz zur Behandlung der Komplikationen wurde von den Patienten und ihren Ärzten bestimmt.

In vielen Fällen wurden die Lidkomplikationen nur mit von den Forschern als "okulär“ bezeichneter Therapie behandelt. Dabei handelt es sich um die Behandlung der Komplikation mit warmen Kom­pressen, oralen oder infundierten ("systemischen") Antibiotika, antibiotischen Augentropfen oder Salben oder steroidhaltigen Augentropfen oder Salben.

In den Fällen, in denen die Forscher das Behandlungsergebnis dokumentieren konnten, beseitigte die okuläre Therapie allein die Lidkomplikationen erfolgreich in 70 Prozent der Fälle.

Ein weiterer Ansatz, die Lidkomplikationen zu behandeln, bestand darin, die okuläre Therapie zu be­gin­nen und gleichzeitig die Behandlung mit dem Proteasomeninhibitor, den der Patient bei der Ent­wick­lung der Komplikation einnahm, zu beenden. In Fällen mit bekannten Ergebnissen beseitigte dieser Ansatz die Komplikation erfolgreich in 73 Prozent der Fälle.

Empfehlungen zur Prävention und Behandlung

Basierend auf ihren Erkenntnissen schlagen die Forscher einen Algorithmus zur Prävention und Behandlung von Augenlidkomplikationen bei Patienten vor, die mit Velcade behandelt werden.

Als ersten Schritt empfehlen sie, dass Patienten, die mit der Behandlung mit Velcade beginnen, für ein Basis-Screening an einen Augenarzt überwiesen werden. Sie empfehlen auch, dass die Patienten bei der Behandlung mit Velcade über Lidhygiene und mögliche Augenlidkompliationen in­for­miert werden.

Wenn ein mit Velcade behandelter Patient ein Hagelkorn oder Blepharitis entwickelt, empfehlen die Forscher eine sofortige Überweisung an einen Augenarzt, eine zweimonatige okuläre Therapie, jedoch keine Veränderung der Myelombehandlung. Als erste okuläre Therapie empfehlen die Studienautoren warme Kompressen in Kombination mit mindestens einem topischen Antibiotikum und/oder Steroid­tropfen.

Wenn dieser erste Ansatz zur Behandlung der Komplikationen nicht erfolgreich ist, empfehlen die Forscher, die okuläre Therapie fortzusetzen, die Velcade-Therapie zu beenden und den Patienten auf einen alternativen Proteasomeninhibitor wie Kyprolis oder Ninlaro umzustellen.

Wenn die Komplikationen auch nach dem Wechsel zu einer alternativen Myelomtherapie bestehen bleiben, empfehlen die Autoren eine längerfristige, orale Verabreichung des Antibiotikums Doxycyclin. Darüber hinaus empfehlen sie, dass eine Biopsie durchgeführt wird, um die Art der Komplikation genauer zu bestimmen.

Wenn die Komplikationen nach dem Wechsel des Patienten auf eine andere Myelomtherapie end­gültig abheilen, schlagen die Autoren vor, die Möglichkeit der Umstellung des Patienten auf Velcade in Betracht zu ziehen.

Studiendesign und Ergebnisse

Die von den Studienautoren zusammengestellte Fallstudie umfasste Daten von 16 Patienten, die am Mount Sinai Hospital in New York City behandelt wurden. Alle Patienten hatten entweder ein multiples Myelom (14 Patienten) oder eine AL-Amyloidose mit MGUS (2 Patienten), und sie entwickelten zwi­schen Januar 2010 und Januar 2017 Augenlidkomplikationen, während sie mit einem Proteasomen­inhibitor behandelt wurden.

Das durchschnittliche Patientenalter betrug 62 Jahre. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 17 Monate.

Alle, bis auf einen der 16 Patienten, erhielten eine Velcade-haltige Kombinationstherapie, als sie ihre erste Lidkomplikation entwickelten. Der eine Nicht-Velcade Patient war auf einem Kyprolis-haltigen Behandlungsregime.

Vier der Patienten (25 Prozent) entwickelten ihre erste Lidkomplikation während des ersten Be­hand­lungszyklus. Die durchschnittliche Zeit vom Beginn der Behandlung bis zum Auftreten der ersten Lid­komplikation betrug 3,4 Monate.

Insgesamt entwickelten 14 Patienten (87,5 Prozent) ein Hagelkorn, 10 Patienten (62 Prozent) Ble­pha­ritis und 8 Patienten (50 Prozent) beides.

Von den 14 Patienten mit Hagelkorn entwickelten 11 (79 Prozent) zwei oder mehr gleichzeitige Lä­sionen. Bei weiblichen Patienten war die Wahrscheinlichkeit, gleichzeitige Läsionen zu entwickeln, höher.

Die Forscher beobachteten insgesamt 34 Episoden von Lidkomplikationen; 23 dieser Fälle (68 Pro­zent) waren Hagelkörner und 11 Fälle (32 Prozent) waren Blepharitis.

Die beiden häufigsten Ansätze zur Behandlung dieser Komplikationen waren okuläre Therapie allein und okuläre Therapie in Kombination mit dem Abbruch der Velcade-Behandlung.

Die häufigsten okulären Therapien waren warme Kompressen (18 Fälle), antibiotische Augentropfen und/oder Salben (12 Fälle), systemische Antibiotika (9 Fälle) und steroidhaltige Augentropfen und/ oder Salben (4 Fälle).

Wenn die okuläre Therapie allein in der Lage war, eine Lidkomplikation erfolgreich zu behandeln, betrug die durchschnittliche Zeit bis zur Heilung der Komplikation 55 Tage (1,8 Monate).

Wenn die Komplikation durch eine Kombination aus okulärer Therapie und Absetzen des ur­sprüng­lichen Proteasomeninhibitors des Patienten erfolgreich angegangen wurde, betrug die durch­schnitt­liche Zeit bis zur Heilung 93 Tage (3,1 Monate) nach Absetzen des ursprünglichen Proteasomen­inhibitors.

Fünf der 34 Episoden der in der Studie erhobenen Lidkomplikationen wurden bis zur Analyse der Studienergebnisse durch die Forscher nicht erfolgreich behandelt. Die Autoren der Studie weisen jedoch darauf hin, dass dies nicht ganz unerwartet war, da die Nachbeobachtungszeit der Studie nur 17 Monate betrug. Die Autoren spekulieren daher, dass einige der ungelösten Fälle eventuell gelöst werden könnten.

Für weitere Informationen siehe die Studie von Sklar, B. A. et al., " Management and out­comes of pro­te­a­some inhibitor asso­ci­ated chalazia and blepharitis: a case series", in BMC Ophthalmology, May 14, 2019 (Volltext; auf Englisch).

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