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Forscher finden keine Krankheitsprogression und häufiges Verschwinden der Krankheit in Leichtketten-MGUS-Studie

Ein Kommentar Von ; Übersetzt von Sabine Schock
Veröffentlicht: 16. Mai 2018 15:56
Forscher finden keine Krankheitsprogression und häufiges Verschwinden der Krankheit in Leichtketten-MGUS-Studie

Die Ergebnisse einer neuen Studie von Forschern in Deutschland zeigen, dass die monoklonale Leichtketten-Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit hat, zu einem symptomatischen multiplen Myelom fortzuschreiten.

Die deutschen Forscher fanden heraus, dass bei einer medianen Nachbeob­achtungszeit von 11,5 Jahren bei keiner der 75 Personen in ihrer Studie, die eine Leichtketten-MGUS hatten, die MGUS zu einem symptomatischen multiplen Myelom, einer Amyloidose oder einer verwandten Krankheit weiter­entwickelte.

In mehr als der Hälfte der 31 Fälle, in denen die erforderlichen Laborergebnisse vorlagen, wurden die Studienteilnehmer, die zunächst die Kriterien für eine Leichtketten-MGUS-Diagnose erfüllten, bei einem späteren Test als krankheitsfrei befunden.

Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit denen einer Schlüsselstudie über die Leichtketten-MGUS, die 2010 von US-Forschern veröffentlicht wurde. Die frühere Studie ergab, dass das Risiko einer Progression zum symptomatischen Myelom bei Patienten mit Leichtketten-MGUS nur 0,3 Prozent pro Jahr betrug, verglichen mit 1 Prozent pro Jahr bei Menschen mit konventioneller MGUS.

Die Gruppe der in der neuen Studie untersuchten MGUS-Patienten waren Teilnehmer einer allgemeineren Gesundheitsstudie mit deutschen Männern und Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren. Das Gesamt­über­leben der Studienteilnehmer mit Leichtketten-MGUS war das gleiche, fanden die Autoren, wie das Gesamt­überleben der Studienteilnehmer, die keine Leichtketten-MGUS hatten.

Auf Grundlage ihrer Ergebnisse kommen die deutschen Forscher zu dem Schluss, dass die Leichtketten-MGUS "ein relativ gutartiger Zustand mit einer hohen Verschwindensrate.... und einem normalen Gesamt­überleben" ist. Sie empfehlen daher, die ersten Labortests, die eine Diagnose der Leichtketten-MGUS nahe legen, zu wiederholen, um die Erstdiagnose zu bestätigen.

Hintergrund

MGUS ist eine Erkrankung, die dem multiplen Myelom ähnlich ist, da bei beiden Erkrankungen abnormale ("klonale") Plasmazellen im Körper vorhanden sind. Diese dysfunktionellen Plasmazellen produzieren typischerweise, aber nicht immer, monoklonale (M) Immunglobuline und freie Lichtketten, die mit Tests wie der Serumprotein-Elektrophorese und der freien Leichtkettenanalyse im Serum gemessen werden.

Die Unterscheidung zwischen MGUS und dem multiplem Myelom besteht darin, dass MGUS per Definition fast eine gutartige Erkrankung ist. Konventionelles, nicht-Leichtketten-MGUS ist klinisch als Krankheit definiert, die einen monoklonalen Proteingehalt (M-Spike) von weniger als 3 g/dl (30 g/l) produziert, einen klonalen Plasmazellenanteil von weniger als 10 Prozent aufweist und keinen der bei Patienten mit multiplem Myelom typischen Organschäden (z.B. Knochenläsionen, Anämie oder Nierenschäden) verursacht.

Während eine Diagnose des multiplen Myeloms fast immer zur Behandlung der Erkrankung führt, ist dies bei MGUS selten der Fall. Stattdessen ist der typische Ansatz für MGUS "watch and wait", bei dem Patienten überwacht, aber nicht behandelt werden.

Der "watch and wait"-Ansatz wird verfolgt, da MGUS häufig gutartig ist und Menschen mit konventioneller MGUS mit einer Rate von nur 1 Prozent pro Jahr zum symptomatischen multiplen Myelom fortschreiten.

Leichtketten-MGUS ist eine Unterform der MGUS, bei der Patienten keinen M-Spike haben, aber ein abnormales Verhältnis der freien Leichtketten (kappa-lambda) und entweder einen erhöhten Kappa- oder einen erhöhten Lambda-Wert der freien Leichtketten aufweisen.

Frühere Untersuchungen ergaben, dass die Prävalenz von konventioneller MGUS und Leichtketten-MGUS bei Menschen im Alter von 50 Jahren und älter in Olmstead County, Minnesota, 3,3 Prozent bzw. 0,8 Prozent beträgt.

Die Autoren der neuen deutschen Studie haben auch die Prävalenz der Leichtketten-MGUS geschätzt. Sie lag bei den deutschen Männern und Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren, die an der Heinz Nixdorf-Studie "RECALL" (Risk Factors, Evaluation of Coronary Calcifi¬cation, and Life-style) teilnahmen, bei 0,7 Prozent.

Die RECALL-Studie, an der fast 5.000 Teilnehmer teilnahmen, wurde organisiert, um Faktoren zu unter­suchen, die die Entwicklung von Herzerkrankungen beeinflussen könnten.

Seit der ersten Analyse der deutschen Forscher von Daten der Leichtketten-MGUS Patienten unter den Teilnehmern der RECALL-Studie sind die Daten aus der Studie gereift. So beschlossen die Forscher, die Studienergebnisse zu nutzen, um die Progressionsrate des Leichtketten-MGUS zum symptomatischen multiplen Myelom über lange Zeiträume zu untersuchen.

Studiendesign

Für ihre Analyse verwendeten die deutschen Forscher die Daten der Erstuntersuchung der Studienteil­nehmer zum Zeitpunkt des Eintritts in die RECALL-Studie (zwischen 2000 und 2003) sowie der fünfjährigen (zwischen 2006 und 2008) und zehnjährigen Nachuntersuchungen (zwischen 2011 und 2015).

Die RECALL-Studie umfasst 4.814 Männer und Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren, die in drei großen, benachbarten Städten in Westdeutschland leben. Die Studienteilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip aus gesetzlichen Einwohnerlisten rekrutiert. Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer betrug 56,9 Jahre.

Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 11,5 Jahre.

Studienergebnisse

Die Forscher identifizierten 75 RECALL-Studienteilnehmer, die zu einem oder mehreren ihrer drei Unter­suchungszeitpunkte eine Leichtketten-MGUS hatten; 32 der Fälle wurden bei der Erstuntersuchung festgestellt, 10 zwischen der Erstuntersuchung und der fünfjährigen Nachuntersuchung und 33 zwischen der fünfjährigen und der zehnjährigen Nachuntersuchung.

Nach der medianen Nachbeobachtungszeit hatte keiner der Studienteilnehmer mit Leichtketten-MGUS einen Progress zum symptomatischen multiplen Myelom. Allerdings entwickelten sich drei Fälle von Leichtketten-MGUS zu einer konventionellen MGUS während des Follow-up und ein Fall von Leichtketten-MGUS wurde bei einem Studienteilnehmer beobachtet, der zunächst eine konventionelle MGUS hatte.

Interessanterweise fanden die Forscher auch heraus, dass die Leichtketten MGUS bei 17 der 31 Patienten, für die die notwendigen Testergebnisse über mehrere Zeitpunkte verfügbar waren, verschwand.

Die Autoren weisen darauf hin, dass die Verschwindensrate von 55 Prozent sehr hoch ist, verglichen mit einer Verschwindensrate von nur 2 bis 5 Prozent, die in früheren Studien mit Patienten mit konventioneller MGUS beobachtet wurde.

Bei den 17 Patienten der RECALL-Studie, deren Leichtketten-MGUS verschwunden ist, war die Anfangs­konzentration der beteiligten (erhöhten) freien Leichtketten geringer als bei Patienten, deren Leichtketten-MGUS fortbestand. Bei den Studienteilnehmern, deren Leichtketten MGUS verschwand, lag der Median bei 9,1 mg/l gegenüber 20,3 mg/l bei denjenigen, deren MGUS fortbestand.

Das Gesamtüberleben der Studienteilnehmer mit Leichtketten-MGUS war das gleiche wie bei den 4.705 RECALL-Teilnehmern, die während der gesamten Studie normale freie Leichtketten-Testergebnisse hatten.

Es gibt einige Hinweise in den RECALL-Daten, dass das Gesamtüberleben für die Lambda-Leichtketten-MGUS niedriger sein kann als für die Kappa-Leichtketten-MGUS. Es gibt einen deutlichen Unterschied in der Gesamtüberlebenszeit zwischen den Lambda- und Kappa-Leichtketten-MGUS-Patienten in der Studie und der Unterschied ist statistisch signifikant.

Allerdings gab es in der Studie nur 10 Fälle von Lambda-Leichtketten-MGUS, so dass diese Überlebens­befunde mit Vorsicht betrachtet werden müssen.

Obwohl es keinen Unterschied im Gesamtüberleben zwischen den Studienteilnehmern mit Leichtketten-MGUS und anderen Studienteilnehmern in der RECALL-Studie gab, hatten die Teilnehmer mit Leichtketten-MGUS eine 1,5 höhere Wahrscheinlichkeit, solide Tumoren zu entwickeln. Dieser Befund, so die Autoren, steht im Einklang mit früheren Untersuchungen, die von einer erhöhten Krebsrate bei Patienten mit konven­tionellem MGUS berichteten.

Weitere Informationen finden Sie in der Studie von Pelzer, B.W. et al., “Light chain monoclonal gammopathy of undetermined significance is characterized by a high disappearance rate and low risk of progression on longitudinal analysis," Annals of Hematology, 9. April 2018 (Zusammenfassung; auf Englisch).

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Ein Kommentar »

  • Patty Nolan Bodin sagte:

    Danke fuer diesen Artikel auf Deutsch.