Medikamenteninduzierte periphere Neuropathie bei Myelompatienten - Teil 3: Vermeidung und Zukunftsperspektiven

Eine Gruppe von Myelomexperten von der internationalen Myelomarbeitsgruppe veröffentlichte kürzlich einen Bericht über Behandlungsstrategien der medikamenteninduzierten peripheren Neuropathie bei Patienten mit multiplen Myelom.
Dieser Beacon-Artikel, der dritte in einer dreiteiligen Reihe, fasst die Empfehlungen der Experten für die Vermeidung der peripheren Neuropathie sowie die zukünftigen Schritte zum besseren Management der Störung zusammen.
Der erste Artikel dieser Reihe beschreibt die periphere Neuropathie und fasst die Symptome der medikamenteninduzierten Neuropathie sowie das Risiko der mit Myelomtherapien verbundenen Neuropathie zusammen. Der zweite Artikel fasst die Empfehlungen der Experten zur Behandlung der medikamenteninduzierten peripheren Neuropathie zusammen.
Vermeidung
Weil es zurzeit keine heilenden Therapien für die medikamenteninduzierte periphere Neuropathie bei Myelompatienten gibt, erklären die Autoren des Berichtes, dass die Vermeidung eine Schlüsselstrategie ist, um die Lebensqualität von Patienten sowie ihre zukünftigen Behandlungsoptionen zu bewahren.
Durch eine frühe Diagnose und Überwachung sowie durch die Einnahme bestimmter Ergänzungsmittel und Medikamente kann die periphere Neuropathie vermieden werden.
Frühe Diagnose und Überwachung
Die Experten der internationalen Myelomarbeitsgruppe empfehlen, dass alle Myelompatienten auf Zeichen und Symptome der peripheren Neuropathie vor und während der Behandlung mit neurotoxischen Anti-Myelommedikamenten untersucht werden. Das würde den Ärzten ermöglichen, eine periphere Neuropathie in einem frühen Erkrankungsstadium zu entdecken und handeln zu können, bevor es zu einer schweren Neuropathie kommt.
Laut der Experten wäre es ideal, wenn die Patienten bei jeder Verabreichung der Anti-Myelomtherapie getestet werden könnten. Außerdem sollten Patienten, die in der Anamnese bereits eine periphere Neuropathie haben, regelmäßig nach der Durchführung einer Stammzelltransplantation kontrolliert werden, weil die Symptome sogar mehrere Monate nach der Transplantation schlechter werden können.
Die Experten erklärten, dass von einem Neurologen nach jedem Therapiezyklus vorgenomme Untersuchungen ebenfalls hilfreich sein können, um die medikamenteninduzierte periphere Neuropathie bei Myelompatienten zu entdecken und zu behandeln.
Sie weisen darauf hin, dass die neurologischen Untersuchungen Neurologen helfen können, frühe Fälle der peripheren Neuropathie zu entdecken, die bei regelmäßigen Untersuchungen durch den Patienten, Krankenschwestern oder Onkologen des Patienten sonst unentdeckt blieben. In einer Studie zeigten 54 Prozent der Myelompatienten, die neurologisch untersucht wurden, Neuropathie-assoziierte Symptome bei Diagnosestellung im Vergleich zu nur 20 Prozent von Myelompatienten, die nur von einer Krankenschwester oder einem Onkologen untersucht wurden.
Darüber hinaus können neurologische Untersuchungen mit Elektromyographien (EMGs) durgeführt werden, die bestimmen, ob die periphere Neuropathie eines Patienten von der Therapie oder dem Myelom selbst verursacht wird.
Neurologen können auch die Schwere einer peripheren Neuropathie eines Patienten bestimmen und die Behandlung mit Antiepileptika oder Antidepressiva beginnen.
Die Experten weisen darauf hin, dass empfindlicherer Methoden notwendig sind, um die Symptomatik der medikamenteninduzierten peripheren Neuropathie speziell bei Myelompatienten bewerten zu können.
Zu diesem Zweck schlagen sie die Entwicklung einer "visuellen Analog-Skala" vor, die Patienten verwenden können, um ihre gegenwärtigen Symptome mit ihren Symptomen eines vorherigen medizinischen Besuchs zu vergleichen.
Diese Methode würde Ärzten erlauben, jede Verbesserung oder Verschlechterung der mit der peripheren Neuropathie verbundenen Symptome schnell zu entdecken.
"Es ist potenziell objektiver, die periphere Neuropathie-Bewertung mit [einer visuellen Analog-Skala] zu formalisieren. Das kann die Betreuungspersonen zuverlässiger auf Symptome hinweisen," kommentierte Dr. Paul Richardson vom Dana Farber Cancer Institute in Boston, leitender Autor des Berichtes.
Die Experten meinen auch, dass ein genaueres Verständnis der für eine periphere Neuropathie prädisponierenden Faktoren bei Myelompatienten erforderlich ist, um Patienten zu identifizieren zu können, die gefährdet sind, diese Nebenwirkung zu entwickeln.
Ergänzungsmittel und Medikamente
Den Experten zufolge kann die medikamenteninduzierte periphere Neuropathie mit der Gabe von Vitaminen (einschließlich der Vitamine B1, B6, B12, E und Folsäure), Magnesium, Aminosäuren, Kalium, Fischölen, Omega 3-Fettsäuren, Nachtkerzenöl und Leinsamenöl verhindert werden.
Antiepileptika wie Gabapentin und Lyrica und Antidepressiva wie Amitriptylin und Cymbalta können ebenso zur Verhinderung einer periphere Neuropathie beitragen.
Jedoch geben die Experten zu, dass weitere Studien erforderlich sind, um die Wirksamkeit dieser Ergänzungsmittel und Medikamente bei der Vermeidung der peripheren, durch spezifische Anti-Myelommedikamente bedingten Neuropathie zu bewerten.
Zukunftsperspektiven
Die Experten schließen ihren Bericht, indem sie die Notwendigkeit weiterer Studien über die medikamenteninduzierte periphere Neuropathie bei Myelompatienten betonen, damit Ärzte in die Lage versetzt werden, diese Störung besser zu erkennen und zu behandeln.
Insbesondere sollte die periphere Neuropathie bei Myelompatienten, die verschiedene Therapiekombinationen erhalten, untersucht werden.
Sie empfehlen auch mehr Forschungbemühungen über die Ursachen, Risiken und Schwere der peripheren Neuropathie bei Patienten, die mit neuen, noch experimentellen Anti-Myelommedikamenten behandelt werden.
Außerdem sind ein ausführlicheres Verständnis der Risikofaktoren für die periphere Neuropathie sowie bessere Mittel zur Identifikation und Kontrolle der Störung erforderlich.
"Wir müssen besser verstehen, wer gefährdet [ist, eine periphere Neuropathie] zu entwickeln, und warum, um Therapien [den Bedürfnissen der Patienten] anpassen zu können." sagte Dr. Richardson.
Schließlich empfehlen die Experten weitere Forschung über die spezifischen Vorteile von bestimmten Substanzen für die Behandlung der medikamenteninduzierten peripheren Neuropathie speziell bei Patienten mit multiplem Myelom.
Für weitere Informationen, siehe den Artikel in der Zeitschrift Leukemia (Auszug).
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