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Früher Einsatz der Strahlentherapie mit kürzerem Überleben beim multiplem Myelom verbunden

By: Maike Haehle; Published: May 15, 2019 @ 4:22 pm | Comments Disabled

Die Ergebnisse einer aktuellen retrospektiven Studie zeigen, dass die Strahlentherapie kurz vor oder kurz nach dem Beginn der medikamentösen Behandlung bei neu diagnostizierten Patienten mit multiplem Myelom mit einem niedrigeren Gesamtüberleben verbunden ist.

Die Ergebnisse basieren auf Informationen von 78.095 Patienten mit mul­tiplem Myelom aus den USA, deren Daten zwischen 2004 und 2015 an die Nationale Krebsdatenbank gemeldet wurden.

Für ihre retrospektive Analyse teilten die Autoren der neuen Studie die 78.095 Patienten in ihrer Studie in zwei Gruppen ein.

Eine Gruppe umfasste Patienten, die eine "Upfront"-Strahlentherapie erhielten, die von den Studien­autoren als Strahlentherapie definiert wurde, die nach einer Myelomdiagnose und innerhalb von 90 Tagen vor oder bis zu 14 Tagen nach Beginn der medikamentösen Myelomtherapie durchgeführt wurde.

Die zweite Gruppe umfasste die Patienten, die keine Strahlentherapie im Vorfeld erhielten.

Da die Studie Daten für Patienten enthält, die bis vor 15 Jahren diagnostiziert wurden, sind die Über­lebensergebnisse schlechter als für jüngsthin diagnostizierte Patienten anzunehmen wäre.

Dennoch gab es einen deutlichen Unterschied im Überleben zwischen den beiden Patientengruppen. Die Gesamtüberlebenszeit für Patienten, die eine Upfront-Strahlentherapie erhielten, betrug 3,6 Jahre im Vergleich zu 4,2 Jahren für Patienten, die keine Upfront-Strahlentherapie erhielten.

Insgesamt erhielten 17 Prozent der in die Analyse eingeschlossenen Patienten eine Upfront-Strah­len­therapie. Interessanterweise war die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten eine Upfront-Therapie erhielten, um fast 25 Prozent höher, wenn sie in einem kommunalen Krankenhaus und nicht in einem akademischen Krankenhaus diagnostiziert wurden.

Die Autoren der neuen Studie können aus ihren Daten nicht herleiten, warum die Upfront-Strahlen­therapie mit einem niedrigeren Gesamtüberleben verbunden ist.

Eine mögliche Erklärung besteht darin, dass bei einem aggressiveren Myelom, das eher Knochen­schäden verursachen kann, oder bei Patienten, deren Erkrankung aufgrund einer vergleichsweise verzögerten Diagnose stärker fortgeschritten ist, eine Strahlentherapie eher erforderlich ist.

Eine weitere Erklärung besteht darin, dass knochenbedingte Komplikationen, die eine Strahlen­therapie erfordern, das Ausmaß der Behandlung der Myelomerkrankung eines Patienten einschränken können.

Die Autoren untersuchen auch die Möglichkeit, dass die Strahlentherapie häufiger bei Patienten eingesetzt wird, die aus sozioökonomischen Gründen im Vergleich zu anderen Patienten einge­schränk­tere Behandlungsmöglichkeiten haben.

Hintergrund

Knochenerkrankungen sind eine häufige Folge des multiplen Myeloms. Etwa 80 Prozent der Patien­ten mit multiplem Myelom zeigen zum Zeitpunkt ihrer Diagnose ein Vorhandensein von Knochen­läsionen. Knochenzerstörende Zellen sind in den Knochen von Myelompatienten aktiver als knochen­bildende Zellen, was letztendlich zu Knochenabbau und Skelettkomplikationen wie Läsionen, Frakturen und Kompressionsfrakturen der Wirbelsäule führt.

Die Strahlentherapie ist ein Ansatz, um einige der knochenbezogenen Probleme, die durch das multiple Myelom verursacht werden, zu lösen. Es wird in erster Linie zur Linderung von Knochen­schmerzen und zur Vorbeugung oder Behandlung von Knochenbrüchen eingesetzt, die bei Myelom­patienten auftreten können.

Forscher wissen seit langem, dass die Anzahl der Knochenläsionen eines Myelompatienten bei Diagnose einen Einfluss auf dessen Prognose hat. Die bisherige Forschung hat jedoch nicht untersucht, ob die Upfront-Strahlentherapie in einem Zusammenhang mit der Prognose eines Patienten steht.

So versuchten die Autoren der neuen Studie, die Upfront-Strahlenbehandlung bei Patienten mit multiplem Myelom zu untersuchen, einschließlich der Muster ihrer Anwendung, der mit ihrer Anwendung verbundenen Faktoren und ihrer potenziellen Auswirkungen auf das Überleben.

Studiendesign und Ergebnisse

Die Autoren analysierten Daten von 78.095 Patienten mit multiplem Myelom, deren Informationen zwischen 2004 und 2015 an die Nationale Krebsdatenbank (in den USA) gemeldet wurden. Das mittlere Patientenalter in der Studie betrug 65 Jahre.

Von den 78.095 in die Analyse einbezogenen Patienten erhielt etwas weniger als ein Fünftel (17 Prozent) eine Upfront-Strahlentherapie. Von den Upfront-Therapiepatienten erhielten 70 Prozent vor Beginn ihrer medikamentösen Myelomtherapie eine Strahlentherapie und 30 Prozent begannen diese innerhalb von 14 Tagen nach Beginn der medikamentösen Therapie.

Die Strahlentherapie wurde überwiegend an der Wirbelsäule (59 Prozent) und im Hüft-/Beckenbereich (12 Prozent) durchgeführt.

Faktoren, die den Einsatz der Upfront-Strahlentherapie beeinflussen

Die Wahrscheinlichkeit, eine Upfront-Strahlentherapie zu erhalten, war für jüngere Patienten, männ­liche Patienten, weiße nicht-hispanische Patienten, nicht versicherte Patienten, Patienten mit niedrigem Einkommen, Patienten, die in einem kommunalen Krankenhaus und nicht in einem akademischen Krankenhaus behandelt wurden, Patienten, die in der Nähe eines Krankenhauses leben, und Patienten, die nur wenige oder keine Gesundheitsprobleme ("Komorbiditäten") außer ihrem Myelom hatten, deutlich höher.

Die Behandlung in einem kommunalen Krankenhaus (und nicht in einem akademischen Kranken­haus) war der stärkste Faktor, der mit der Upfront-Strahlentherapie verbunden war.

Darüber hinaus scheint der Einsatz der Upfront-Strahlentherapie im Laufe der Zeit abgenommen zu haben. Bei Patienten in der Stichprobe von 2004 bis 2009 erhielten 18,6 Prozent eine Upfront-Strahlentherapie. Im Vergleich dazu waren es bei den Patienten von 2010 bis 2015 16,5 Prozent.

Die Studienautoren spekulieren, dass dieser Rückgang der Upfront-Strahlentherapie ein Spiegelbild dafür sein könnte, dass die Ärzte im Laufe der Zeit mehr Vertrauen in die Fähigkeit der medi­ka­men­ten­basierten Myelombehandlung bekommen haben, knochenbezogene Probleme anzugehen.

Upfront Strahlentherapie und Überleben

Das Gesamtüberleben der Patienten in der Stichprobe, die eine Upfront-Strahlentherapie erhielten, betrug 3,6 Jahre gegenüber 4,2 Jahren bei den anderen Patienten. Die dreijährige Gesamtüber­lebens­rate betrug 55,5 Prozent in der Upfront-Strahlentherapiegruppe gegenüber 59,7 Prozent bei den anderen Patienten.

Die Forscher untersuchten auch die potenzielle Bedeutung des Zeitpunkts der Upfront-Strahlen­therapie. Sie fanden heraus, dass das Überleben bei Upfront-Patienten, die innerhalb von 14 Tagen nach Beginn ihrer medikamentösen Therapie eine Strahlentherapie erhielten, deutlich niedriger war als bei Upfront-Patienten, die ihre Strahlentherapie vor Beginn ihrer medikamentösen Therapie erhielten.

Die Autoren überprüften auch, ob sie noch einen Zusammenhang zwischen Upfront-Strahlentherapie und Überleben finden konnten, wenn sie nur Patienten betrachteten, die mindestens ein Jahr nach der Diagnose noch lebten, und wenn sie nur Patienten betrachteten, die eine Stammzell­trans­plan­tation erhielten.

Auch in diesen beiden kleineren Patientenstichproben fanden die Forscher einen Zusammenhang zwischen Upfront-Strahlentherapie und Überleben.

Für die Autoren spricht dies dafür, dass der Zusammenhang zwischen früher Strahlentherapie und dem Gesamtüberleben darauf zurückzuführen ist, dass Patienten mit aggressiverem Myelom eher eine frühzeitige Strahlentherapie benötigen.

Für weitere Informationen siehe die Studie von Orcutt, X. et al., "Prognostic significance of upfront radiation therapy in patients with multiple myeloma", The American Journal of Hematology, 21. April 2019 (Volltext [1]; auf Englisch).


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[1] Volltext: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/ajh.25492

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