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Minimale Resterkrankung, Hochdurchsatz-Sequenzierung und Prognose beim multiplen Myelom
By: Navneet Ramesh; Published: May 7, 2014 @ 5:35 pm | Comments Disabled
Eine neue spanische Studie fügt wichtige Ergebnisse zur wachsenden Literatur über das Ausmaß und die Bedeutung der minimalen Resterkrankung beim multiplen Myelom hinzu.
Myelompatienten haben eine minimale Resterkrankung, wenn sie trotz gutem Ansprechen auf die Behandlung Myelomzellen in ihren Körpern haben.
In ihrer Studie verwendeten die spanischen Forscher eine neue, hochauflösende Sequenzierungsmethode („Deep Sequencing“ oder Hochdurchsatz-Sequenzierung), um die minimale Resterkrankung nachzuweisen. Sie benutzten diese Technik, um Knochenmarkproben von Myelompatienten, die ihre Erstlinientherapie abgeschlossen und mindestens eine sehr gute teilweise Remission erreicht hatten, auf die minimale Resterkrankung zu überprüfen.
Patienten, die auf Grundlage der Hochdurchsatz-Sequenzierung keine Anzeichen der minimalen Resterkrankung hatten, hatten ein deutlich längeres progressionsfreies und Gesamtüberleben als andere Patienten.
Außerdem hatte bei Patienten, die nach der initialen Behandlung noch eine minimale Resterkrankung hatten, das Ausmaß der minimalen Resterkrankung einen deutlichen Einfluss auf das Überleben. Patienten mit niedrigeren Werten der minimalen Resterkrankung hatten ein längeres progressionsfreies und Gesamtüberleben als diejenigen mit höheren Werten der minimalen Resterkrankung.
Die Forscher konnten auch zeigen, dass die Hochdurchsatz-Sequenzierung in den meisten Fällen dieselben Ergebnisse erzielt wie die häufig verwendeten, aber weniger empfindlichen Methoden wie z. B. die multiparametrische Durchflusszytometrie.
In den Fällen, wo sich die Ergebnisse der Hochdurchsatz-Sequenzierung und der multiparametrischen Durchflusszytometrie unterschieden, lieferten die Ergebnisse der Hochdurchsatz-Sequenzierung einen besseren Hinweis für die Patientenprognose.
Obwohl ihre Ergebnisse den potenziellen Wert der Hochdurchsatz-Sequenzierung für die minimale Resterkrankung unterstreichen, erkennen die spanischen Forscher an, dass die Technik ihre Beschränkungen hat. Myelomzellen sind zum Beispiel nicht gleichförmig im Knochenmark verteilt. So können zum Beispiel noch Myelomzellen im Körper des Patienten vorhanden sein, selbst wenn empfindliche Tests keine Resterkrankung in einer Knochenmarkprobe mehr entdecken.
Die Forscher schlagen deshalb vor, dass zusätzliche Methoden wie Bildgebungstechniken und Überwachung zirkulierender Myelomzellen verwendet werden, um den Krankheitsstatus zu bewerten und die Einschätzungen des Progressionsrisikos zu verbessern.
Sie fügen hinzu, dass die Ermittlung einer minimalen Resterkrankung mit Hilfe der Hochdurchsatz-Sequenzierung darüber hinaus zum Design von patientenspezifischen Behandlungsansätzen, wie Unterbrechung der Behandlung für Patienten ohne Resterkrankung oder Erhöhung der Behandlung für Patienten mit minimaler Resterkrankung, beitragen kann.
Hintergrund
Der Anteil neu diagnostizierter Patienten, die eine komplette Remission im Anschluss an die Behandlung erreichen, hat sich aufgrund des Fortschritts, der in der Behandlung des multiplen Myelom in den letzten Jahrzehnten gemacht wurde, signifikant vergrößert.
Jedoch rezidivieren fast alle Myelompatienten nach ihrer initialen Behandlung. Die meisten dieser Rezidive sind nach Angaben der spanischen Forscher “dem Vorhandensein nichtdedektierbarer minimaler Resterkrankung zuzuschreiben.”
Der Begriff “ minimale Resterkrankung” (minimal residual disease oder MRD) wird gebraucht, um die Anwesenheit kleiner Mengen von Myelomzellen im Körper eines Patienten zu beschreiben, nachdem der Patient eine komplette (oder sehr gute teilweise) Remission auf eine Behandlung erreicht hat.
Traditionell wird die Untersuchung auf eine Resterkrankung bei Myelompatienten mit Zellen aus Knochenmarkproben durchgeführt. Es ist jedoch auch möglich, eine solche Prüfung mit Zellen aus dem Blut durchzuführen.
Patienten, die keine feststellbaren Myelomzellen in ihren Zellproben haben, werden als MRD-negativ bezeichnet. Patienten mit mindestens einigen Myelomzellen in ihren Proben werden als MRD-positiv bezeichnet.
Eine etablierte Methode zur Messung der Resterkrankrung bei Myelompatienten ist die multiparametrische Durchflusszytometrie.
Jedoch gibt es den spanischen Forschern zufolge noch Raum für die Verbesserung in der Bestimmung einer minimalen Resterkrankung.
Sie haben deshalb den prognostischen Wert einer neueren, empfindlicheren Methode, der sogenannten Hochdurchsatz-Sequenzierung, zur Ermittlung der minimalen Resterkrankung bewertet. Während die multiparametrische Durchflusszytometrie zurzeit eine Empfindlichkeit zwischen 1 in 10.000 und 1 in 100.000 Zellen hat, hat die Hochdurchsatz-Sequenzierung eine Empfindlichkeit von bis zu 1 in 1.000.000 geprüften Zellen.
(In der Literatur über die MRD-Prüfung wird eine Empfindlichkeit von 1 in 10.000 häufig mit der Abkürzung 10 -4 beschrieben. Eine Empfindlichkeit von 1 in 1.000.000 würde zum Beispiel mit 10-6 beschrieben. )
Die Hochdurchsatz-Sequenzierung für die MRD-Prüfung erhält ihren Namen von der Tatsache, dass es auf Sequenzierung beruht; mit diesem Prozess kann der genetische Aufbau einer Zelle bestimmt werden. Bei der Hochdurchsatz-Sequenzierung wird der Prozess mehrmals für jede einzelne geprüfte Zelle ausgeführt, was die Genauigkeit der Prüfung erhöht.
Wenn die Hochdurchsatz-Sequenzierung zur Bestimmung der Resterkrankung beim Myelom verwendet wird, werden zunächst Proben vor Therapiebeginn analysiert, um die genetische Sequenzcharakteristik der Krankheit eines individuellen Patienten zu identifizieren. Nach dieser Sequenz wird dann in den Proben nach der Therapie des Patienten gesucht, um zwischen Myelomzellen und normalen Zellen zu differenzieren.
Studiendesign
In der aktuellen Studie führten die spanischen Forscher die Hochdurchsatz-Sequenzierung in Knochenmarkproben von 133 Myelompatienten durch, die an verschiedenen klinischen Studien in Spanien teilgenommen hatten.
Die Proben, die für die meisten Analysen während der Studie verwendet wurden, wurden nach der Vollendung der Erstlinientherapie der Patienten entnommen. Für Patienten bis zum Alter von 65 Jahren bestand die Erstlinientherapie aus einer Induktionstherapie gefolgt von einer Stammzelltransplantation. Für Patienten 65 und älter bestand die Erstlinientherapie nur aus der Induktionstherapie.
Es wurden nur Patienten, die mindestens eine sehr gute teilweise Remission im Anschluss an ihre Erstlinientherapie erreichten, in die Studie eingeschlossen. Das mittlere Patientenalter betrug 62 Jahre.
Bei allen Patienten wurde die Resterkrankrung auch mit Hilfe der multiparametrischen Durchflusszytometrie ermittelt.
Erste Ergebnisse der aktuellen Studie wurden auf der ASCO 2013-Sitzung präsentiert (siehe verwandte Nachrichten [1] von Myeloma Beacon; auf Englisch).
Studienergebnisse
Die Forscher führten zunächst eine Hochdurchsatz-Sequenzierung der Knochenmarkzellen durch, die den Patienten vor Beginn ihrer Myelombehandlung entnommen wurden. Sie konnten bei 91 Prozent der Patienten myelomspezifische, genetische Sequenzen identifizieren; diese Patienten konnten damit auf Resterkrankung mit Hilfe der Hochdurchsatz-Sequenzierung untersucht werden.
Während der Nachbeobachtungszeit blieb die Mehrheit der Patienten (73 Prozent) MRD-positiv. MRD-positiv wurde als Vorhandensein von mehr als 1 Myelomzelle in 100.000 geprüften Zellen definiert.
MRD Status und Patientenprognose
Patienten, die nach ihrer Erstlinientherapie MRD-negativ waren, hatten eine bedeutend längere mittlere Zeit zur Krankheitsprogression (80 Monate) als Patienten, die MRD-positiv waren (31 Monate).
Das mittlere Gesamtüberleben war bei MRD-negativen Patienten ebenfalls signifikant länger (noch nicht erreicht) als bei MRD-positiven Patienten (81 Monate).
Die Patienten wurden dann auf Grundlage der durch Hochdurchsatz-Sequenzierung identifizierten Resterkrankungswerten in drei Gruppen aufgeteilt: MRD-Werte größer als 1 Myelomzelle in 1.000 Zellen; MRD Werte zwischen 1 in 1.000 und 1 in 100.000 und MRD Werte von weniger als 1 in 100.000 (MRD-negativ).
Die Forscher fanden heraus, dass sich die mittlere Zeit bis zur Progression in den drei Gruppen sehr unterschiedlich ausfiel (siehe Graphiken links in der Abbildung unten). Patienten, die MRD-negativ waren (weniger als 1 in 100.000 geprüften Zellen), hatten die längste mittlere Zeit bis zur Progression (80 Monate), gefolgt von Patienten mit MRD Niveaus zwischen 1 in 1.000 und 1 in 100.000 Zellen (48 Monate) und Patienten mit MRD Niveaus, die größer als 1 aus 1.000 sind.
Die Forscher machten ähnliche Beobachtungen für das Gesamtüberleben (siehe Graphiken rechts in der Abbildung unten). Das mittlere Gesamtüberleben wurde für MRD-negative Patienten (weniger als 1 in 100.000) und für Patienten mit MRD-Werten zwischen 1 in 1.000 und 1 in 100.000 noch nicht erreicht, im Vergleich zu 55 Monaten für Patienten mit MRD Werten größer als 1 in 1.000 (27 Monate).
Als die Forscher die Analyse auf Patienten beschränkten, die eine komplette Remission nach der Erstlinientherapie erreichten, stellten sie fest, dass Patienten, die MRD-negativ waren, eine bedeutend längere mittlere Zeit bis zur Progression hatten als MRD-positive Patienten (131 Monate gegenüber 35 Monate). Das mittlere Gesamtüberleben wurde in keiner Gruppe erreicht.
Vergleiche mit anderem MRD Techniken
Die Forscher verglichen die Ergebnisse, die sie mit Hilfe der Hochdurchsatz-Sequenzierung ermittelten, mit den Ergebnissen der multiparametrischen Durchflusszytometrie. Sie stellten fest, dass 83 Prozent der Proben dieselben Ergebnisse bei der Verwendung der beiden Methoden ergaben: 61 Prozent der Proben waren MRD-positiv und 22 Prozent waren MRD-negativ.
Sie fanden in 85 Prozent der Patienten eine Überlappung, als sie die mit Hilfe der Hochdurchsatz-Sequenzierung ermittelten MRD-Ergebnisse mit MRD-Ergebnissen einer dritten MRD-Testmethode, der sogenannten allelspezifischen Oligonukleotid-Polymerase Kettenreaktion (ASO-PCR), Verglichen.
Von den Patienten, deren Proben bei Einsatz der Hochdurchsatz-Sequenzierung und multiparametrischen Durchflusszytometrie unterschiedliche MRD-Ergebnisse zeigten, hatten die Patienten, die mit Hochdurchsatz-Sequenzierung MRD-negativ waren, eine längere progressionsfreie Zeit als diejenigen, die mit multiparametrische Durchflusszytometrie MRD-negativ, mit Hochdurchsatz-Sequenzierung jedoch MRD-positiv waren (Median noch nicht erreicht gegenüber 50 Monate).
Den spanischen Forschern zufolge weisen ihre Ergebnisse darauf hin, dass die mit Hilfe von Hochdurchsatz-Sequenzierung ermittelten niedrigen Resterkrankungswerte klinisch bedeutend sind.
Für weitere Informationen, beziehen Sie sich bitte auf die Studie von Martinez-Lopez, J. u. a. “Prognostic value of deep sequencing method for minimal residual disease detection in multiple myeloma,“ in Blood, 11. März 2014 (Zusammenfassung [3]; auf Englisch).
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[3] Zusammenfassung: http://bloodjournal.hematologylibrary.org/content/early/2014/03/19/blood-2014-01-550020.abstract
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