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Eine Übersicht über die Behandlungsmöglichkeiten des multiplen Myeloms in Europa – Teil 3: Behandlungsmöglichkeiten für rezidivierte Patienten

By: Jessica Langholtz; Published: May 10, 2010 @ 2:05 pm | Comments Disabled

Führende Myelomspezialisten aus ganz Europa haben kürzlich einen Artikel in der Zeitschrift  The Oncologist veröffentlicht, der die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten und die Verfügbarkeit von therapeutischen Behandlungsoptionen für Myelompatienten in Europa zusammenfasst. Dieser Artikel ist der dritte Teil, der die Empfehlungen der europäischen Ärzte für Patienten mit einem Rezidiv oder einem refraktären Myelom zusammenfasst. Teil 1 vergleicht die Verfügbarkeit der Myelombehandlungsmöglichkeiten in Europa und den USA, Teil 2 fasst die Empfehlungen der Ärzte für neu diagnostizierte Patienten zusammen, Teil 4 die Behandlung der Nebenwirkungen.

Obwohl neuere klinische Studien gezeigt haben, dass die neuen Substanzen, speziell Thalidomid, Velcade (Bortezomib) und Revlimid (Lenalidomid), die Ansprechraten bei refraktären (behandlungsresistenten) und rezidivierten Myelompatienten signifikant verbessern können, unterscheiden sich die zugelassenen Anwendungen dieser Substanzen zwischen Europa und den USA.

Im Allgemeinen sind die neuen Substanzen in Europa schwerer zugänglich, da viele europäische Länder zentralisierte Gesundheitssysteme haben, so dass die Regierungen die Möglichkeit haben, den Zugang zu Medikamenten zu limitieren, selbst wenn die europäische Zulassungsbehörde EMEA das Medikament als sicher und wirksam eingestuft hat.

Behandlung des Rezidivs

Vor der Einführung der neuen Substanzen war die Prognose für Patienten mit Rezidiv oder einem refraktärem Myelom schlecht. Die bessere Verfügbarkeit dieser Substanzen hat nun zu besseren Aussichten für diese Patienten geführt.

Basierend auf den neuesten Untersuchungsergebnissen werden die europäischen Behandlungsansätze im Folgenden zusammengefasst, obwohl nicht alle Behandlungsstrategien überall in Europa verfügbar sind.

Thalidomid

Obwohl die Behandlung des rezidivierten/refraktären Myeloms mit Thalidomid weitverbreitet ist, ist es für diese Indikation in Europa noch nicht zugelassen. Es ist als Erstlinienbehandlung in Kombination mit Melphalan und Prednison für Myelompatienten zugelassen, die noch keine Behandlung erhalten haben, mindestens 65 Jahre alt sind oder für die Hochdosischemotherapie nicht in Frage kommen.

Die Wirksamkeit von Thalidomid als Monotherapie ist begrenzt. Es wird daher oft in Kombination mit Dexamethason oder Chemotherapie eingesetzt.

Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen sind periphere Neuropathie (Schmerzen und Taubheitsgefühl in Händen und Füßen), tiefe Venenthrombosen, Müdigkeit und Magen-Darm Probleme.

Velcade

In Europa ist Velcade in Kombination mit Melphalan und Prednison für unbehandelte Patienten, die nicht für eine Hochdosischemotherapie mit Stammzelltransplantation in Frage kommen, zugelassen. Es ist auch als Monotherapie bei Patienten mit progressivem Myelom zugelassen, die mindestens eine Therapie erhalten haben, bereits eine Stammzelltransplantation hinter sich haben, oder für eine Stammzelltransplantation nicht in Frage kommen.

Eine große Zahl von Studien hat Velcade sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit Steroiden, konventioneller Chemotherapie oder anderen neuen Substanzen untersucht.

Die Phase 3 APEX-Studie ergab, dass Velcade als Monotherapie höhere Ansprechraten, längere Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung und Gesamtüberlebensraten im Vergleich zu der Gabe von Hochdosis Dexamethason erzielt. Eine andere klinische Studie zeigte, dass die Zugabe von Doxil (pegyliertes liposomales Doxorubicin) zu Velcade zu einer signifikant längeren Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung und einer besseren Gesamtüberlebensrate führte. Die Studien, die Velcade als Teil einer Kombinationsbehandlung untersuchten, zeigten, dass die Zugabe von Velcade die Wirksamkeit der Behandlung erhöhte.

Die Phase 2 RETRIEVE-Studie untersuchte die erneute Behandlung mit Velcade bei Patienten, die auf eine vorhergehenden Velcade-Behandlung angesprochen hatten und die nach mindestens sechs Monaten ein Rezidiv hatten. Ungefähr zwei Drittel der Patienten sprachen dabei erneut auf eine Velcade-Behandlung an.

Die häufigsten Nebenwirkungen unter Velcade waren ein Abfall der Thrombozytenzahl, der weißen Blutkörperchen, periphere Neuropathie und Magen-Darm Probleme.

Revlimid

Revlimid ist in Kombination mit Dexamethason in Europe und den USA für Myelompatienten zugelassen, die mindestens eine Vortherapie erhalten haben.

Zwei Phase 3-Studien zeigten, dass die Revlimid-Dexamethason-Behandlung verglichen mit Dexamethason alleine signifikant bessere Ansprechraten, längere Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung und Gesamtüberlebenszeiten ergab.

Revlimid wird zur Zeit in Kombination mit einer Reihe anderer Substanzen, wie Doxorubicin (Adriamycin), Cyclophosphamid, Velcade und Thalidomid untersucht. Obwohl immer noch eine längere Nachbeobachtungszeit benötigt wird, um die Gesamtüberlebenszeit und die Ansprechraten abschließend beurteilen zu können, sind die Kombinationsbehandlungen der Kombination Revlimid-Dexamethason generell überlegen.

Die häufigsten Nebenwirkungen unter Revlimid sind ein Abfall der Thrombozytenzahl, der weißen Blutkörperchen, tiefe Venenthrombosen und Infektionen.

Stammzelltransplantation

Eine Reihe von Studien untersucht im Moment den Einsatz von autologer oder allogener Stammzelltranplantation als Behandlungsstrategie bei Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Myelom.

Bei der autologen Stammzelltransplantation werden die Stammzellen des Patienten vor einer Hochdosischemotherapie gewonnen und ihm danach zurück transfundiert. Den Autoren zufolge hängt der Erfolg dieser Behandlung von der Wirksamkeit und der Häufigkeit vorhergehender Behandlungen ab, sowie von der Zeit zwischen dem ersten und zweiten Schritt der Transplantation. Die meisten Myelompatienten behalten jedoch nach der autologen Stammzelltransplantation eine kleine Zahl Myelomzellen in ihrem Blut oder Knochenmark, die dann zu einem Rezidiv führen können.

Bei der allogenen Stammzelltransplantation erhält der Patient die Stammzellen von einem Spender. Allogene Stammzelltransplantationen können speziell für Patienten mit hohem Risiko nützlich sein. Die Autoren betonen jedoch, dass diese Behandlung derzeit in Europa untersucht wird.

Empfehlungen für die Behandlung bei einem Rezidiv

Die Autoren der Studie folgern aufgrund der vorhandenen Daten, dass der Einsatz der neuen Substanzen in der Behandlung des Rezidivs und der refraktären Erkrankung mit besseren Ergebnissen für den Patienten verbunden ist. Die Entscheidung, welche Behandlung für den Patienten die Beste ist, ist abhängig von der Dauer der Remission seit der Ersttherapie und der vorhandenen und potentiellen Nebenwirkungen. War der Patient für mindestens ein Jahr in Remission, kann es sinnvoll sein, die Erstlinientherapie zu wiederholen. Bekommt der Patient aber schon nach 6 Monaten oder weniger sein Rezidiv, sollte die Therapie gewechselt werden.

Darüber hinaus können bestehende oder potentielle Nebenwirkungen einen Wechsel der Therapie erfordern. Die Autoren raten, Patienten, die nach der Erstlinientherapie eine periphere Neuropathie entwickeln, zu einer Substanz zu wechseln, die diese Nebenwirkung nicht hervorruft, z.B. Revlimid. Patienten mit einer Vorgeschichte oder einem hohen Risiko für Venenthrombosen sollten von einer Thalidomid oder Revlimid-basierten Therapie zu einer Velcade-basierten Therapie wechseln und eine Thrombose-Prophylaxe bekommen.

Die Autoren wiesen darauf hin, dass die Standardbehandlungsoptionen für das rezidivierte Myelom weiter untersucht und entsprechend dem Gebrauch der neuen Substanzen als Erstlinientherapie angepasst werden müssen.

Mehr Information kann man im Abstrakt der Zeitschrift The Oncologist [1] nachlesen.

Englisches Original: An Overview Of Myeloma Treatment Options In Europe – Part 3: Treatment Practices At Relapse [2]


Article printed from The Myeloma Beacon: https://myelomabeacon.org

URL to article: https://myelomabeacon.org/deutsch/2010/05/10/eine-ubersicht-uber-die-behandlungsmoglichkeiten-des-multiplen-myeloms-in-europa-%e2%80%93-teil-3-behandlungsmoglichkeiten-fur-rezidivierte-patienten/

URLs in this post:

[1] The Oncologist: http://theoncologist.alphamedpress.org/cgi/content/abstract/15/1/6

[2] An Overview Of Myeloma Treatment Options In Europe – Part 3: Treatment Practices At Relapse: https://myelomabeacon.org/news/2010/05/10/an-overview-of-myeloma-treatment-options-in-europe-%e2%80%93-part-3-treatment-practices-at-relapse/

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